Rechtskraft nein
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückstellung. Bauantrag. Rechtsschutzbedürfnis. Baugenehmigung. Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz
Leitsatz (amtlich)
1. Der Zurückstellungsbescheid nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB stellt einen die Gemeinde begünstigenden und den Bauherrn belastenden Verwaltungsakt dar, gegen den der Bauherr in der Hauptsache mit Widerspruch und Anfechtungsklage vorgehen kann.
2. Ordnet die Baurechtsbehörde die sofortige Vollziehung des Zurückstellungsbescheids an, steht dem durch den Bescheid belasteten Bauherrn als statthaftes Rechtsmittel ein Antrag nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO zur Verfügung, mit dem Ziel der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Zurückstellungsbescheid.
3. Für diesen Eilantrag fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Bauherr mit dem – isolierten – Antrag nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO sein eigentliches Rechtsschutzziel, nämlich die Baugenehmigung, nicht erreicht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 8.9.1998 – 3 S 87/96 – VBlBW 1999, 216).
Normenkette
BauGB § 15 Abs. 1; LBO § 54 Abs. 4; VwGO § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5
Verfahrensgang
VG Karlsruhe (Beschluss vom 06.06.2002; Aktenzeichen 6 K 677/02) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 6. Juni 2002 – 6 K 677/02 – wird zurückgewiesen.
Die Antragsstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behält.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000,– EUR festgesetzt.
Gründe
Mit ihrer Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts wendet sich die Antragstellerin allein gegen die Ablehnung ihres gegen die sofortige Vollziehung des Zurückstellungsbescheids gerichteten Antrags nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO. Ihren zusätzlich gestellten und vom Verwaltungsgericht ebenfalls abgelehnten Antrag, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr die beantragte Baugenehmigung zu erteilen, verfolgt sie dagegen mit der Beschwerde nicht weiter.
Mit diesem eingeschränkten Begehren ist die Beschwerde statthaft (vgl. §§ 146 Absätze 1 und 4, 194 Abs. 2 VwGO i.d.F. des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechtes im Verwaltungsprozess vom 20.12.2001, BGBl. I, 3987) und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Die Beschwerde hat unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung zu beschränken hat (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), keinen Erfolg, denn der Antrag nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO ist zwar statthaft, mangels Rechtsschutzbedürfnis aber unzulässig.
Die Statthaftigkeit des Antrag nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO ist gegeben. Der Zurückstellungsbescheid nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB, mit dem die Baurechtsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens im Einzelfall befristet aussetzt, stellt eine Sachentscheidung dar. Er regelt zu Gunsten der antragstellenden Gemeinde und zu Lasten des Bauherrn, dass die Entscheidung über den Bauantrag zur Sicherung der Bauleitplanung befristet auszusetzen ist und erschöpft sich daher nicht in einer befristeten Ablehnung der Erteilung der Baugenehmigung. Der Zurückstellungsbescheid stellt damit einen eigenständigen, die Gemeinde begünstigenden und den Bauherrn belastenden Verwaltungsakt dar, gegen den der Bauherr in der Hauptsache mit Widerspruch und Anfechtungsklage vorgehen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.1971 – BVerwGE 39, 154; BGH, Beschluss vom 26.7.2001 – III ZR 206/00 –; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 8.9.1998 – 3 S 87/96 –; Beschluss vom 28.1.1991 – 8 S 2238/90 – VBlBW 1991, 260; OVG Münster, Beschluss vom 26.1.2000 – 7 B 2023/99 – NVwZ-RR 2001, 17; Beschluss vom 21.11.1994 – 2 S 28.94 – NVwZ 1995, 399; Grauvogel in Brügelmann, Kommentar zum BauGB, Stand September 2001, § 15 Rdnr. 39; Hill, BauR 1981, Seite 523, 532; Lemmel in Schlichter, Berliner Kommentar zum BauGB, 2. Auflage, § 15 BauGB Rdnr. 18 ff.; Reidt in Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, 6. Auflage, Seite 779; a.A. Bielenberg in Ernst-Zinkahn-Bielenberg, Kommentar zum BauGB, Stand 26.6.2002, § 15 BauGB Rdnr. 72 sowie Jäde in Jäde/Dirnberger/Weiss, Kommentar zum BauGB/BauNVO, 2. Auflage, § 15 BauGB Rdnr. 21 ff. und Gaentzsch, Kommentar zum BauGB, § 15 Rdnr. 3). Ordnet die Baurechtsbehörde – wie im vorliegenden Fall – die sofortige Vollziehung des Zurückstellungsbescheides an, steht dem durch den Bescheid belasteten Bauherrn daher als statthaftes Rechtsmittel ein Antrag nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO zur Verfügung, mit dem Ziel der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Zurückstellungsbescheid (vgl. J. Schmidt in Eyermann, Kommentar zur VwGO, 10. Auflage, § 80 Rdnr. 7, § 80 a Rdnr. 1).
Für den damit statthaften Eilantrag kommt der Antragstellerin jedoch kein Rechtsschutzbedürfnis zu. Denn die Antragstel...