rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausländerrecht. Aufenthaltserlaubnis. Zugehörigkeit zum Arbeitsmarkt. Aufenthaltgenehmigung und Abschiebungsandrohung. vorläufiger Rechtsschutz
Leitsatz (amtlich)
Für das Eilverfahren kann offen bleiben, ob und für welche Zeitspanne Art. 7 Abs. 1 ARB 1/080 eine ordnungsgemäße Beschäftigung des „stammberechtigten” türkischen Arbeitnehmers verlangt und wann Arbeitslosigkeit seine Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt entfallen lässt.
Normenkette
ARB 1/080 Art. 7 Abs. 1
Verfahrensgang
VG Stuttgart (Beschluss vom 07.10.2004; Aktenzeichen 11 K 2973/04) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 07. Oktober 2004 – 11 K 2973/04 – geändert; die aufschiebende Wirkung der von dem Antragsteller erhobenen Klage gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 20. April 2004 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05. Oktober 2004 wird angeordnet.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des erstinstanzlichen und des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,– EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene (§ 147 Abs. 1 VwGO) und mit Gründen versehene (§ 146 Abs. 4 S. 1 VwGO) Beschwerde hat sachlich Erfolg; die von dem Antragsteller nach § 146 Abs. 4 S. 3 VwGO ausreichend substantiiert dargelegten Bedenken gegen die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart führen zu der von ihm beantragten Abänderung. Entgegen der angefochtenen Entscheidung überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der inzwischen erhobenen Klage gegen die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis und die gleichzeitig ergangene Abschiebungsandrohung (Verfügung der Antragsgegnerin vom 20.04.2004). Die Erfolgsaussicht der Klage, auf die in erster Linie als Entscheidungskriterium im Rahmen der Interessenabwägung abzustellen ist, kann nämlich entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung nicht von vornherein verneint werden; vieles spricht im Gegenteil dafür, dass der Antragsteller in der Tat ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht erworben hat, so dass sich die Ablehnung einer Aufenthaltserlaubnis durch die Antragsgegnerin und die gleichzeitig ergangene Abschiebungsandrohung gegen den (inzwischen ausgereisten) Antragsteller als rechtswidrig erweisen.
Die von dem Antragsteller vorgetragenen Beschwerdegründe – der Antragsteller beruft sich insofern insbesondere auf Art. 7 S. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation (im folgenden: ARB 1/80) und die Richtlinie 64/221/EWG – rechtfertigen die Annahme, dass der Antragsteller Erfolg im Hauptsacheverfahren haben kann; mindestens ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens insofern als offen anzusehen, so dass auch unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgesehenen sofortigen Vollziehbarkeit der Aufenthaltserlaubnisablehnung (§ 72 Abs. 1 AuslG) das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage ein entgegenstehendes öffentliches Interesse am Sofortvollzug der angefochtenen Verfügungen überwiegt.
Soweit die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis auf Gründe des nationalen Ausländerrechts, insbesondere auf § 7 Abs. 2 AuslG gestützt ist, werden in der Beschwerdebegründung keine Einwende erhoben; auch der Antragsteller selbst räumt offenbar ein, dass seine Verurteilung wegen sexueller Nötigung vom 16.09.2003 (ein Jahr und drei Monate Freiheitsstrafe, zur Bewährung ausgesetzt) grundsätzlich einen Regelausweisungsgrund i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG darstellt. Auch der Senat geht davon aus, dass nationales Ausländerrecht der Verpflichtungsklage des Antragstellers auf Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis aller Voraussicht nach nicht zum Erfolg verhelfen wird.
Erfolgsaussicht hat die Klage des Antragstellers allerdings, soweit er sich auf Vorschriften des Assoziationsrechts beruft. Die von dem Antragsteller zu seinen Gunsten angeführte Richtlinie 64/221/EWG wird zwar der Klage aller Voraussicht nach nicht zum Erfolg verhelfen (1); anders steht es jedoch mit der Frage, ob der Antragsteller inzwischen ein eigenständiges assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht aus Art. 7 S. 1 ARB 1/80 erworben hat (2).
1. Was die Einhaltung der Richtlinie 64/221/EWG angeht, macht der Antragsteller aller Voraussicht nach zu Unrecht eine Verletzung dieser Vorschrift geltend. Selbst wenn sie auf türkische Arbeitnehmer zu übertragen ist (s. dazu das durch den österreichischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitete Vorabentscheidungsverfahren – C 136/03 – beim Europäischen Gerichtshof), liegt eine Verletzung dieser Richtlinie, insbesondere der durch den Antragsteller gerügten Bestimmung des Art. 9, nicht vor. Zwar hat ein Widerspruch gegen die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis i.S.d. Art. 9 RL 64/221/EWG nach deutschem...