Entscheidungsstichwort (Thema)

Laufbahn. Personalvertretung. Fortbildung. Maßnahmen der Regierung. Mitbestimmung bei Regelung über Beratungslehrer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der personalvertretungsrechtliche Tatbestand der Mitbestimmung bei „allgemeinen Fragen der Fortbildung der Beschäftigten” ist bei Beamten erfüllt, wenn es um allgemeine Fragen der Vermittlung weiterführender Kenntnisse im Rahmen der jeweiligen Laufbahn (und nicht unter Wechsel der Laufbahn für eine andere Laufbahn) geht. Dieser Fall ist gegeben bei den Regelungen des Ministeriums für Kultus und Sport über die Ausbildung von Beratungslehrern (Erlasse vom 31.3. 1979 und 23.3.1980).

2. Maßnahmen, die von der Regierung selbst getroffen werden, sind frei von jeder personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung oder Mitwirkung. Dieser Fall ist nicht gegeben, wenn die Regierung ein Ministerium beauftragt, eine Maßnahme zu treffen.

 

Normenkette

LPVG § 79 Abs. 3 Nr. 7, § 85 Abs. 1; BPersVG § 76 Abs. 2 Nr. 6, § 82 Abs. 1; LBG/LVO § 59

 

Verfahrensgang

VG Stuttgart (Beschluss vom 23.07.1980; Aktenzeichen PVS 4/80)

 

Nachgehend

BVerwG (Beschluss vom 19.10.1983; Aktenzeichen 6 P 16.81)

 

Tenor

Die Beschwerde des weiteren Beteiligten gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Juli 1980 – PVS 4/80 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. In § 19 Abs. 1 des Schulgesetzes für Baden-WürttembergSchG – in der Fassung vom 23.3.1976 (GBl. S. 410) ist vorgesehen, daß als Ergänzung des Schulwesens die Bildungsberatung ausgebaut werden soll. Zu den Aufgaben der Bildungsberatung gehören hiernach die Schullaufbahnberatung und die Beratung bei Schulschwierigkeiten in Einzelfällen. Die Einrichtungen der Bildungsberatung sollen auch die Schulen und Schulaufsichtsbehörden in psychologisch-pädagogischen Fragen unterstützen und dadurch zur Weiterentwicklung des Schulwesens beitragen. Nach § 19 Abs. 2 SchG werden die Aufgaben der Bildungsberatung unbeschadet des Erziehungs- und Bildungsauftrags der einzelnen Lehrer durch die überörtlich einzurichtenden Bildungsberatungsstellen und an den Schulen vornehmlich durch Beratungslehrer erfüllt. Nach § 19 Abs. 4 SchG arbeiten die Beratungslehrer und die Bildungsberatungsstellen untereinander und mit anderen Beratungsdiensten zusammen.

Die Regierung des Landes Baden-Württemberg hatte sich in den sechziger und siebziger Jahren wiederholt mit Fragen der Bildungsberatung befaßt. Entsprechend ihren Beschlüssen waren bis 1975 nach verschiedenen Modellen etwa 450 Lehrer zu Beratungslehrern ausgebildet worden. Die Ausbildung von Beratungslehrern wurde alsdann zunächst abgebrochen. Am 12.12.1978 faßte die Regierung auf eine Kabinettsvorlage des Ministeriums für Kultus und Sport folgenden Beschluß:

  1. „Der Ministerrat stimmt der Wiederaufnahme der Beratungslehrerausbildung zu.
  2. Das Ministerium für Kultus und Sport wird beauftragt, die in der Kabinettsvorlage vom 6.12.1978 dargestellte Ausbildungskonzeption mit der Maßgabe zu verwirklichen, daß im Jahre 1979 acht Kurse und in den darauffolgenden Jahren jährlich vier Kurse mit je etwa 30 Teilnehmern bis zur Erreichung eines Verhältnisses von einem Beratungslehrer zu 1000 Schülern durchgeführt werden. Das Ministerium für Kultus und Sport wird nach Abschluß der ersten Kurse dem Ministerrat über die Erfahrungen berichten.
  3. Das Finanzministerium wird beauftragt, die Finanzierung des Ausbildungsprogramms sicherzustellen.”

In der Kabinettsvorlage vom 6.12.1978 heißt es: Die Ausbildung von Lehrern zu Beratungslehrern dauere ein Jahr. Sie ende mit einer Abschlußprüfung, deren Einzelheiten in einer Prüfungsordnung geregelt werden müßten. Während der Ausbildungs- und Prüfungszeit erhielten die Lehrer eine Anrechnung von sechs Wochenstunden auf das Regelstundenmaß. Zu Beratungslehrern könnten nur solche Lehrer bestellt werden, die hauptamtlich mit Unterrichtsaufgaben betraut seien. Die Tätigkeit als Beratungslehrer gehöre zu den Dienstaufgaben der damit betrauten Lehrer. Die Beratungstätigkeit werde auf das Regelstundenmaß angerechnet; dies sei im Rahmen der allgemeinen Deputatsbestimmungen geregelt und richte sich nach der Zahl der zu betreuenden Schüler.

Das Ministerium für Kultus und Sport fertigte auf der Grundlage des Regierungsbeschlusses vom 12.12.1978 den Entwurf eines Erlasses an die vier Oberschulämter. In dem Erlaßentwurf ist auf den zustimmenden Beschluß der Regierung vom 12.12.1978 hingewiesen. Den Erlaßentwurf leitete es unterm 5.2.1979 dem Antragsteller zu mit der Bitte um Kenntnisnahme. Der Antragsteller vertrat mit Schreiben vom 2.3.1979 die Auffassung, daß der Entwurf seiner Mitbestimmung unterliege entsprechend § 79 Abs. 3 Nr. 7 des Landespersonalvertretungsgesetzes – LPVG – in der Fassung vom 1.10.1975 (GBl. S. 693). Nach dieser Vorschrift habe der Personalrat mitzubestimmen über „allgemeine Fragen der Fortbildung der Beschäftigten”. In der vorgesehenen Schulung würde den Lehrern ein vertieftes Wissen vermittelt, das sie bei der Wahrnehmung einer besti...

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