Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszeit. sonstiges Dienstrecht. Deputatsermäßigung einer stillenden Lehrerin. Stillzeiten. Antrag nach § 123 VwGO

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob eine beamtete Lehrerin, die ihr Kind stillt, Anspruch auf Ermäßigung ihres Regelstundenmaßes hat (hier Verneint).

 

Normenkette

LBG § 99; MuSchuVO § 7 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

VG Karlsruhe (Beschluss vom 25.01.1983; Aktenzeichen 8 K 440/82)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 25. Januar 1983 – 8 K 440/82 – geändert. Der Antrag wird in vollem Umfang abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird auf 4.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Antragstellerin können einstweilen keine Stillzeiten unter Anrechnung auf ihre (wöchentliche) Unterrichtsverpflichtung gerichtlich zuerkannt werden. Unter Änderung des angefochtenen Beschlusses ist der Antrag daher in vollem Umfang abzulehnen.

Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Nach § 123 Abs. 3 VwGO in Verb, mit § 920 ZPO sind Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen.

Die Antragstellerin hat hier einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Sie hat nicht glaubhaft gemacht, daß sie einen Anspruch auf Gewährung von Stillzeiten unter Anrechnung auf ihre wöchentliche Unterrichtsverpflichtung hat.

Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch kommt hier § 7 Abs. 1 und Abs. 2 der Verordnung der Landesregierung über den Mutterschutz für Beamtinnen und Richterinnen (Mutterschutzverordnung – MuSchuVO) i.d.F. vom 20.9.1966 (GBl. S. 197), zuletzt geändert durch die ÄnderungsVO vom 5.5.1981 (GBl. S. 262) in Betracht. Danach ist einer Beamtin die zum Stillen erforderliche Zeit, mindestens aber zweimal täglich eine halbe Stunde oder täglich eine Stunde, auf ihr Verlangen freizugeben (Abs. 1 Satz 1); die Stillzeit darf nicht vor- oder nachgearbeitet und nicht auf die in Rechts- oder Verwaltungsvorschriften festgesetzten Ruhepausen angerechnet werden (Abs. 2).

Es kann davon ausgegangen werden, daß die Antragstellerin stillt. Dies ist belegt durch eine ärztliche Bescheinigung vom 6.12.1982, wonach sie ihr Kind regelmäßig stillt. Es kann auch unterstellt werden, daß die erforderliche Stillzeit, entsprechend den Angaben der Antragstellerin, arbeitstäglich etwa 45 Minuten beträgt – sie machte geltend, daß die erforderliche Stillzeit in dem Zeitraum der ersten Unterrichtsstunde liege –. Einen entsprechenden Antrag auf Gewährung von Stillzeiten hat sie auch gestellt.

Das Begehren dürfte jedoch daran scheitern, daß sich das Verlangen der Antragstellerin, ihr die zum Stillen erforderliche Zeit freizugeben, in ihrem Falle auf Zeiten bezieht, während der sie zur Dienstleistung nicht verpflichtet ist. Eine Freigabe der verlangten Zeiten durch den Dienstherrn erscheint sonach nicht möglich. Bei der Anwendung von § 7 Abs. 1 Satz 1 MuSchuVO ist zu beachten, daß sich der Anspruch der Beamtin auf Freigabe für die dort genannten Zeiten auf solche Zeiten bezieht, die innerhalb der festgelegten Dienstzeit der Beamtin liegen. Dies kommt zwar im Wortlaut der Vorschrift nicht ausdrücklich zum Ausdruck. Aus dem Umstand, daß der Beamtin jedoch „freizugeben” ist, folgt, daß es sich um Zeiten handeln muß, während der eine Pflicht zur Dienstleistung besteht. Eine Freigabe für Zeiten, während der keine Dienstleistungspflichten bestehen, durch den Dienstherrn ist begrifflich nicht möglich. Entsprechendes wird in der Literatur für die vergleichbare Vorschrift des § 7 MuSchG angenommen (vgl. Bulla/Buchner, Mutterschutzgesetz 5. Auflage, § 7 RdNr. 1 – dort insbesondere unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte der Norm – und RdNr. 12, wonach der gesetzliche Anspruch „auf Gewährung der zum Stillen erforderlichen Zeit während der Arbeitszeit” geht; vgl. auch RdNr. 20 und 25; Gröninger/Thomas, Mutterschutzgesetz, § 7 Anm. 3 b am Ende und 4 a am Anfang; jeweils mit weiteren Nachweisen). Dies gilt entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch für den in § 7 Abs. 1 Satz 1 MuSchuVO enthaltenen Anspruch auf Gewährung von Mindeststillzeiten. Auch dieser Anspruch bezieht sich nach dem Regelungszusammenhang der Norm nur auf solche Zeiten, während der die Beamtin zur Dienstleistung verpflichtet ist (vgl. Gröninger/Thomas a.a.O. Anm. 3 b).

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist zu beachten, daß die Antragstellerin Lehrerin ist (ihre wöchentliche Unterrichtsverpflichtung als Sonderschullehrerin beträgt 27 Wochenstunden). Zwar stimmt die wöchentliche Arbeitszeit der Lehrer mit dem Umfang der rege...

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