Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilzeitbeschäftigte Lehrer. Altersermäßigung. Gültigkeit der Änderung der Verwaltungsvorschrift „Arbeitszeit der Lehrer an öffentlichen Schulen” vom 08.05.1995
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Rechtsschutzinteresse für einen Normenkontrollantrag, wenn der Antragsteller eine Verletzung des Gleichheitssatzes durch normgeberisches Unterlassen geltend macht.
2. Die Regelung der Altersermäßigung in der Verwaltungsvorschrift „Arbeitszeit der Lehrer an öffentlichen Schulen” vom 10.11.1993 (K.u.U. S. 469) in der Fassung der Verwaltungsvorschrift vom 8.5.1995 (K.u.U. S. 395), nach der sich bei teilzeitbeschäftigten Lehrern mit mindestens einem halben Lehrauftrag, die ab dem Schuljahr 1995/96 das 55. Lebensjahr vollenden, das Regelstundenmaß erst zu Beginn des Schuljahres ermäßigt, in dem sie das 60. Lebensjahr vollenden, verstößt weder gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes noch gegen den europarechtlichen Grundsatz gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Beschäftigung.
Normenkette
GG Art. 3; EGV Art. 119; LBG/AZVO § 12 (F. 1989)
Tenor
Die Normenkontrollanträge werden abgewiesen.
Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 16.000,– DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerinnen stehen als Oberstudienrätinnen im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Antragsgegner. Die am x.x.1940 geborene Antragstellerin zu 1. unterrichtet 12 Wochenstunden am xxxxxxxx-xxxxxx-Gymnasium in Exxxxxxxx, die am x.x.1942 geborene Antragstellerin zu 2. unterrichtet 17 Wochenstunden am Gymnasium Kxxxxxx-Mxxxxxxxxx. Sie wenden sich gegen den Wegfall der Reduzierung des Regelstundenmaßes (Altersermäßigung) bei teilzeitbeschäftigten Lehrern zwischen dem 55. und 59. Lebensjahr.
Die Verwaltungsvorschrift über die Arbeitszeit der Lehrer an öffentlichen Schulen vom 10.11.1993 (K.u.U. S. 469) in der Fassung der Verwaltungsvorschrift vom 20.6.1994 (K.u.U. S. 431) bestimmte bisher unter Teil B Nr. 1 folgendes:
„Das Regelstundenmaß der vollbeschäftigten Lehrer aller Schularten – einschließlich der Teilzeitbeschäftigten mit einer Reduzierung um bis zu zwei Wochenstunden – ermäßigt sich zu Beginn des Schuljahres, in dem sie das 55. Lebensjahr vollenden, um
2 Wochenstunden;
bei teilzeitbeschäftigten Lehrern mit mindestens einem halben Lehrauftrag beträgt die Ermäßigung
1 Wochenstunde.”
Mit der am 1.8.1995 in Kraft getretenen Verwaltungsvorschrift vom 8.5.1995 (K.u.U. S. 395) änderte das Ministerium für Kultus und Sport die Verwaltungsvorschrift „Arbeitszeit der Lehrer an öffentlichen Schulen”; Teil B Nr. 1 erhielt folgende Fassung:
„1. Altersermäßigung
1.1 Für Lehrer, die im Schuljahr 1994/95 oder früher das 55. Lebensjahr vollendet haben, gilt folgendes:
Das Regelstundenmaß der vollbeschäftigten Lehrer aller Schularten – einschließlich der Teilzeitbeschäftigten mit einer Reduzierung um bis zu zwei Wochenstunden – ermäßigt sich zu Beginn des Schuljahres, in dem sie das 55. Lebensjahr vollenden, um zwei Wochenstunden. Bei teilzeitbeschäftigten Lehrern mit mindestens einem halben Lehrauftrag beträgt die Ermäßigung eine Wochenstunde.
1.2 Für Lehrer, die ab dem Schuljahr 1995/96 das 55. Lebensjahr vollenden, gilt folgendes:
Das Regelstundenmaß der vollbeschäftigten Lehrer aller Schularten – einschließlich der Teilzeitbeschäftigten mit einer Reduzierung um bis zu 2 Wochenstunden – ermäßigt sich zu Beginn des Schuljahres, in dem sie
das 55. Lebensjahr vollenden,
um 1 Wochenstunde,
das 60. Lebensjahr vollenden,
um 2 Wochenstunden.
Bei teilzeitbeschäftigten Lehrern mit mindestens einem halben Lehrauftrag ermäßigt sich das Regelstundenmaß zu Beginn des Schuljahres, in dem sie das 60. Lebensjahr vollenden, um 1 Wochenstunde.”
Diese Änderung der Verwaltungsvorschrift geht auf einen Beschluß des Ministerrats vom 20.6.1994 zurück, mit dem das Ministerium für Kultus und Sport beauftragt wurde, zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung 1995 im Umfang von 500 Stellen Deputatsnachlässe zu streichen.
Am 16.12.1995 haben die Antragstellerinnen das Normenkontrollverfahren eingeleitet. Sie beantragen sinngemäß,
Teil B 1 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Kultus und Sport „Arbeitszeit der Lehrer an öffentlichen Schulen” vom 10.11.1993 (K.u.U. S. 469), geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 20.6.1994 (K.u.U. S. 431), in der Fassung der Verwaltungsvorschrift vom 8.5.1995 (K.u.U. S. 395) für nichtig zu erklären.
Zur Begründung tragen sie vor: Die grundsätzliche Berechtigung des Beklagten, die Altersermäßigung zu reduzieren, werde nicht in Abrede gestellt. Rechtswidrig sei jedoch die lediglich teilzeitbeschäftigte Lehrer betreffende Verlagerung der Deputatsermäßigung vom 55. auf das 60. Lebensjahr. Da der überwiegende Teil der Teilzeitbeschäftigten im Schuldienst Frauen seien, würden diese insoweit geschlechtsspezifisch benachteiligt. Unabhängig hiervon verstoße die Verwaltungsvorschrift jedoch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Vollzeitbeschäftigte Lehrer im Alter zwischen 55 und 60 Jahren würden gegenüber ...