rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlöschen einer Aufenthaltserlaubnis durch Flucht ins Ausland. Ausreise aus einem nicht nur vorübergehenden Grund. Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Vorlageverfahren vor dem EuGH. Ausweisung und Abschiebungsandrohung. vorläufiger Rechtsschutz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Aufenthaltserlaubnis erlischt in der Regel nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 AuslG, wenn sich ein Ausländer durch Flucht ins Ausland einer Strafverfolgung im Bundesgebiet auf unabsehbare Zeit entziehen will. Für die Beurteilung, ob der Aufenthalt des Ausländers außerhalb des Bundesgebiets nicht nur vorübergehend, sondern auf unabsehbare Zeit gerichtet ist, kommt es auf den im Zeitpunkt der Ausreise vorhandenen und erkennbaren – durch objektive Umstände bekräftigten – Willen des Ausländers an (hier: Flucht eines türkischen Staatsangehörigen in die Türkei, der zuvor u.a. 30.000,– EUR gestohlen hat, um in der Türkei „ein neues Leben anzufangen”).

2. Die Voraussetzungen des Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 liegen nicht vor, wenn die bisherige Aufenthaltsgenehmigung durch die aus einem nicht nur vorübergehenden Grund erfolgte Ausreise in die Türkei erloschen ist und der Ausländer eine neue Aufenthaltsgenehmigung nicht erhalten hat.

3. Allein die Einleitung und Durchführung eines Vorlageverfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat nicht ohne weiteres die Aussetzung der Vollziehung aufenthaltsbeendender Verwaltungsakte bei gleichgelagerten Sachverhalten zur Folge. Das betroffene nationale Gericht ist aber gehalten, sich mit den im Vorlageverfahren aufgeworfenen Fragen auseinander zu setzen.

 

Normenkette

AuslG § 44 Abs. 1 Nr. 2; ARB 1/80 Art. 7, 14; RL 64/221 EWG Art. 9

 

Verfahrensgang

VG Karlsruhe (Beschluss vom 18.12.2003; Aktenzeichen 6 K 3801/03)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18. Dezember 2003 – 6 K 3801/03 – wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die fristgerecht eingelegte (§ 147 Abs. 1 VwGO) und begründete (§ 146 Abs. 4 Satz 1) sowie inhaltlich den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügende Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber unbegründet.

Der 1984 in Baden-Baden geborene Antragsteller türkischer Staatsangehörigkeit, der am 7.9.2000 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhielt, wurde mit Urteil des Amtsgerichts Raststatt vom 1.2.2001 wegen Wohnungseinbruchdiebstahls, Diebstahls in drei Fällen und versuchten Diebstahls im Zeitraum von August bis September 2000 zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten zur Bewährung verurteilt. Mit Schreiben vom 23.4.2001 verwarnte die Ausländerbehörde den Antragsteller. In der Zeit von Januar 2002 bis Mai 2002 beging der Antragsteller weitere Straftaten, unter anderem einen schweren Raub, Diebstahl und vorsätzliche Körperverletzung. Er reiste zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt nach seiner letzten Tat im Mai 2002 in die Türkei und kehrte am 13.6.2002 nach Deutschland zurück. Das Amtsgericht Raststatt verurteilte ihn am 14.11.2002 zu einer Jugendstrafe von drei Jahren ohne Bewährung. Mit Verfügung vom 20.5.2003 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antragsteller aus der Bundesrepublik Deutschland unter Anordnung des Sofortvollzugs aus und drohte ihm für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung in die Türkei an. Hiergegen erhob der Antragsteller am 11.6.2003 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe (6 K 1763/03), über die noch nicht entschieden ist. Mit Antrag vom 4.11.2003 begehrte er die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Das Verwaltungsgericht lehnte diesen Antrag mit Beschluss vom 18.12.2003 ab. Zur Begründung verwies es im Wesentlichen auf die Ausführungen im Bescheid des Regierungspräsidiums und stellte darüber hinaus fest, dass ein Verstoß gegen den Assoziationsratsbeschluss Nr. 1/80 nicht vorliege, da die Ausweisung jedenfalls von Art. 14 ARB 1/80 gedeckt sei. Des Weiteren seien auch die vom Antragsteller vorgelegten Stellungnahmen aus dem Verfahren „Cetinkaya” vor dem Europäischen Gerichtshof (C-467/01) nicht geeignet, eine dem Antragsteller günstigere Entscheidung herbeizuführen.

Auch im Beschwerdeverfahren besteht – aufgrund der dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) – keine Veranlassung, dem Antragsteller den von ihm begehrten vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren.

Soweit der Antragsteller rügt, der Beschluss des Verwaltungsgerichts sei unter Verstoß gegen den Anspruch auf den gesetzlichen Richter ergangen, da er der Entscheidung durch die Berichterstatterin anstelle der Kammer nicht zugestimmt habe und ihm eine Übertragung der Rechtssache auf die Einzelrichterin nicht mitgeteilt worden sei, führt dieser Vortrag nicht zu einem Erfolg der Beschwerde. Ein Verstoß gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters liegt nicht vor. Denn die Übertragung der Rechtssache auf die...

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