Entscheidungsstichwort (Thema)
aufschiebende Wirkung. Feststellung. einstweilige Anordnung. Vorhaben- und Erschließungsplan. vorhabenbezogener Bebauungsplan. Verwaltungsakt. pflichtgemäßes Ermessen. Ermessensreduzierung auf Null. Bebauungsplanverfahren. Einleitung, Anspruch. Vorhaben- und Erschließungsplans. vorläufiger Rechtsschutz
Leitsatz (amtlich)
1. Der Anspruch des Vorhabenträgers nach § 12 Abs. 2 BauGB auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die beantragte Einleitung des Bebauungsplanverfahrens erschöpft sich in einem Anspruch darauf, dass die Gemeinde überhaupt entscheidet, ob sie das Satzungsverfahren einleitet. Ein Anspruch auf einen bestimmten Inhalt der Entscheidung besteht nicht.
2. Die Entscheidung der Gemeinde nach § 12 Abs. 2 BauGB über den Antrag eines Vorhabenträgers auf Einleitung des Bebauungsplanverfahrens ist kein im Wege der Anfechtungsklage (durch einen konkurrierenden Vorhabenträger) anzufechtender oder mit der Verpflichtungsklage zu erstreitender Verwaltungsakt.
Normenkette
BauGB § 2 Abs. 3-4, § 12 Abs. 1-2; LVwVfG § 35 S. 1; VwGO § 80 Abs. 5, § 123 Abs. 1
Verfahrensgang
VG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 10.01.2000; Aktenzeichen 6 K 2326/99) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 10. Januar 2000 – 6 K 2326/99 – wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 25.000,–DM festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den im Beschwerdeverfahren weiterverfolgten Hauptantrag auf Feststellung abgelehnt, dass der Widerspruch der Antragstellerin vom 22.01.1999 gegen die Entscheidung des Gemeinderats der Antragsgegnerin vom 17.12.1998 über die Einleitung des Verfahrens zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans gemäß § 12 Abs. 2 BBauG entsprechend dem Antrag der Beigeladenen aufschiebende Wirkung hat.
Zwar kann das Gericht in den Fällen der so genannten faktischen Vollziehung von Verwaltungsakten in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag feststellen, dass der eingelegte Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat (allgemeine Meinung, vgl. Eyermann/J. Schmidt, VwGO, 10. Aufl., § 80 RdNr. 109; Funke-Kaiser in Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, § 80 RdNr. 105 jeweils m. w. N.). Weitere Voraussetzung für die Statthaftigkeit eines solchen Antrags ist aber, dass überhaupt ein Verwaltungsakt objektiv vorliegt, der Gegenstand eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage sein kann. Andernfalls ist der Eintritt der aufschiebenden Wirkung eines solchen Rechtsbehelfs begriffsnotwendig ausgeschlossen; ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO geht dann ebenso ins Leere wie ein Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung entsprechend dieser Vorschrift (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.08.1987 – 8 S 1001/87 – VBlBW 1988, 146 m. w. N.). Danach ist der Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin nicht statthaft, weil die auf § 12 Abs. 2 BauGB gestützte Entscheidung der Antragsgegnerin vom 17.12.1998, ein Bebauungsplanverfahren einzuleiten, kein anfechtbarer Verwaltungsakt ist, der von der Antragstellerin hiergegen eingelegte Widerspruch also auch keine aufschiebende Wirkung entfalten konnte. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sprechen Wortlaut und Zweck des § 12 Abs. 2 BauGB nicht für den Verwaltungsakts-Charakter einer derartigen Entscheidung; es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob – wie das Verwaltungsgericht meint – die Entscheidung zugunsten eines Vorhabenträgers jedenfalls kein Verwaltungsakt mit Drittwirkung zu Lasten des konkurrierenden anderen Vorhabenträgers ist. Die Entscheidung vom 17.12.1998 trifft keine Regelung i. S. des § 35 Satz 1 LVwVfG. Dieses Merkmal ist nur dann erfüllt, wenn die Behörde nach dem objektiven Sinngehalt ihrer Entscheidung Rechte und/oder Pflichten „regelt”, d. h. begründet, ändert, aufhebt oder verbindlich feststellt (BVerwG, Urt. v. 03.11.1988 – 7 C 115.86 – BVerwGE 80, 355/364; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl., § 9 RdNr. 6, jeweils m. w. N.). Bei der Entscheidung nach § 12 Abs. 2 BauGB über den Antrag auf Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens lässt sich ein derartiger individueller Rechtsfolgenausspruch nicht feststellen. Das ergibt sich aus Folgendem:
§ 12 Abs. 2 BauGB bestimmt, dass die Gemeinde auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat. Der Sinngehalt dieser Vorschrift erschließt sich aus § 12 Abs. 1 BauGB; danach kann die Gemeinde durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer ...