Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalvertretung. Personalratsfähigkeit eines Kreiskrankenhauses. Umfang der Beteiligung eines Krankenhauspersonalrats. Wahlanfechtung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Kreiskrankenhaus ist in der Regel ein personalratsfähiger Betrieb im Sinne des § 9 Abs. 1 LPVG.

2. Soweit Entscheidungsbefugnisse bei Organen des Landkreises liegen, ist der Personalrat des Kreiskrankenhauses an Maßnahmen in entsprechender Anwendung eines zu § 85 Abs. 6 LPVG bestehenden Grundsatzes zu beteiligen.

 

Normenkette

LPVG § 9 Abs. 3, § 85 Abs. 6

 

Verfahrensgang

VG Stuttgart (Beschluss vom 08.06.1983; Aktenzeichen PVS 11/83)

 

Nachgehend

BVerwG (Beschluss vom 13.08.1986; Aktenzeichen 6 P 7.85)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. Juni 1983 – PVS 11/83 – geändert. Der Antrag der Antragstellerin wird abgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. Die Antragstellerin begehrt die Feststellung der Nichtigkeit einer Personalratswahl.

Im Kreiskrankenhaus … ist ein Personalrat gebildet. Seine letzte Wahl fand am 12.4.1983 statt. Wahlberechtigt waren 694 Beschäftigte. Das Wahlergebnis wurde am Mittwoch, den 13.4.1983 bekanntgegeben. Zuvor war am 2. und 3.2.1983 eine Abstimmung über die Verselbständigung des Kreiskrankenhauses gemäß § 9 ADS. 2 LPVG durchgeführt worden. Bei der Abstimmung wurde die gesetzlich vorgeschriebene Mehrheit nicht erreicht.

Am 25.4.1983 hat die Antragstellerin das Verwaltungsgericht Stuttgart angerufen. Sie hat zunächst die Feststellung beantragt, daß die am 12.4.1983 beim Kreiskrankenhaus … erfolgte Personalratswahl rechtsunwirksam ist; später hat sie die Feststellung beantragt, daß die Personalratswahl nichtig ist. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Die Krankenhäuser seien keine Dienststellen, in denen kraft Gesetzes ein Personalrat gebildet werden könne. Insbesondere seien sie keine Betriebe i.S. des § 9 Abs. 1 LPVG, zumal sie keine Eigenbetriebe i.S. des Eigenbetriebsgesetzes seien. Auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift gehe hervor, daß der Gesetzgeber die Krankenhäuser nicht zu selbständigen Dienststellen habe erklären wollen. Außerdem sei in den Landkreisen das Landratsamt die einheitliche Dienststelle. Krankenhäuser seien daher nur unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 LPVG personalratsfähig. Eine Verselbständigung des Kreiskrankenhauses … nach dieser Vorschrift sei aber in der Abstimmung gescheitert.

Die Beteiligten haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Der Beteiligte zu 2 hat zur Begründung vorgetragen: Das Kreiskrankenhaus … sei ein Betrieb i.S. des § 9 Abs. 1 LPVG. Denn es handele sich hierbei um eine selbständige organisatorische Einheit mit eigenem Aufgabenbereich. Das ergebe sich auch aus den Vorschriften des Krankenhausgesetzes. Ferner sei in diesem Zusammenhang die Dienstordnung für die Krankenhausleitung des Kreiskrankenhauses … zu beachten.

Das Verwaltungsgericht hat durch Beschluß vom 8.6.1983 festgestellt, daß die am 12.4.1983 beim Kreiskrankenhaus erfolgte Personalratswahl nichtig ist. In den Gründen ist ausgeführt: Das Kreiskrankenhaus … sei keine personalratsfähige Dienststelle; insbesondere sei es kein Betrieb i.S. des § 9 Abs. 1 LPVG. Das Kreiskrankenhaus habe keinen Leiter mit den üblichen Befugnissen eines Dienststellenleiters. Wesentliche, nach dem Personalvertretungsrecht mitbestimmungspflichtige Maßnahmen habe nicht der Verwaltungsleiter des Krankenhauses, sondern der Landrat oder der Kreistag zu treffen. Diese Maßnahmen seien der Mitbestimmung eines beim Kreiskrankenhaus gemäß § 9 Abs. 1 LPVG gebildeten Personalrats entzogen, ohne daß insoweit eine andere Personalvertretung beteiligt werden könne. Nur in dem hier nicht vorliegenden Fall des § 9 Abs. 2 LPVG könne ein Gesamtpersonalrat gebildet werden. Die an sich mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen des Landrats wären daher der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung entzogen, wenn das Kreiskrankenhaus als Betrieb i.S. des § 9 Abs. 1 LPVG zu beurteilen wäre. Es widerspreche aber dem Zweck des Gesetzes, die Mitbestimmung durch eine solche Auslegung einzuschränken. Demgegenüber sei die Mitbestimmung gewährleistet, wenn ohne die Bildung eines Personalrates beim Kreiskrankenhaus nur der beim Landratsamt gebildete Personalrat zur Beteiligung heranstünde. Dieser Personalrat könne dann an allen Maßnahmen beteiligt werden, die das Krankenhaus beträfen.

Im übrigen folge auch aus der Entstehungsgeschichte des § 9 LPVG, daß Krankenhäuser keine personalratsfähigen Dienststellen im Sinne des Abs. 1 dieser Vorschrift seien. Ein Gesetzentwurf mit der ausdrücklichen Regelung, daß Eigenbetriebe und Krankenanstalten als selbständige Dienststellen gelten, sei nicht Gesetz geworden, da die kommunalen Verbände hiergegen Bedenken geäußert hätten. Nach der im Plenum des Landtages unwidersprochenen Auffassung des Verwaltungsausschusses könnten Krankenanstalten erst aufgrund einer Abstimmung gemäß § 9 Abs. 2 LPVG zu selbständigen Dienststellen erkl...

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