Entscheidungsstichwort (Thema)

Duldung. vorläufiger Rechtsschutz

 

Verfahrensgang

VG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 11.02.2005; Aktenzeichen 1 K 2821/04)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 23.01.2006; Aktenzeichen 2 BvR 1935/05)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11. Februar 2005 – 1 K 2821/04 – mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung – geändert. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500.– EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige, insbesondere rechtzeitig erhobene (§ 147 Abs. 1 VwGO) und rechtzeitig – sowie den inhaltlichen Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechend – begründete Beschwerde hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm eine Duldung zu erteilen, zu unrecht stattgegeben.

Der Antragsteller ist ein 34 Jahre alter nigerianischer Staatsangehöriger. Er kam nach seinen Angaben 2001 in die Bundesrepublik Deutschland und betrieb unter dem Familiennamen „Foto” und als angeblicher Staatsangehöriger von Kamerun erfolglos ein Asylverfahren; der Ablehnungsbescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 02.05.2002 ist bestandskräftig. Außerdem wurde der Antragsteller mit Verfügung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 18.04.2002 – ebenfalls bestandskräftig – wegen Handels mit Betäubungsmitteln (Heroin) ausgewiesen. Für die Durchführung der Abschiebung bemühte sich das Regierungspräsidium bei der Botschaft von Kamerun mehrfach ohne Erfolg um ein Heimreisepapier für den von Anfang an passlosen Antragsteller. Seit Juni 2004 war der Antragsteller untergetaucht und seit Oktober 2004 zur Fahndung ausgeschrieben. Erst mit Anwaltsschreiben vom 13.12.2004 offenbarte er seine wahre Identität und Staatsangehörigkeit. Er beantragte außerdem unter anderem die Befristung der Ausweisung, die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis und die Umverteilung zu seiner in Heidelberg lebenden Lebensgefährtin, die von ihm ein am 11.12.2004 geborenes Kind habe. Im Hinblick auf die Anerkennung der Vaterschaft für dieses Kind und die gemeinsam mit der Mutter abgegebene Sorgeerklärung wehrt er sich nunmehr gegen seine Abschiebung. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde, die Erfolg hat.

Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung dann getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung) oder zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen, nötig erscheint (Regelungsanordnung). Dabei sind der Anordnungsgrund, nämlich die Eilbedürftigkeit der gerichtlichen Entscheidung, und der Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920, 249 ZPO).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass dem Antragsteller der geltend gemachte Anspruch auf eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) bzw. ein zu sichernder, nach Sachlage allein in Betracht kommender Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG zusteht. Nach § 60a Abs. 2 AufenthG wird die Abschiebung eines Ausländers ausgesetzt, solange seine Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann außerdem einem Ausländer, der – wie der Antragsteller – vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von der Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Wie auch vom Verwaltungsgericht zutreffend angenommen, beruft sich der Antragsteller vorliegend im Hinblick auf seine deutsche Tochter auf die rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung bzw. der Ausreise wegen der Schutzwirkung des Art. 6 GG. Der Senat geht zwar aufgrund der ausführlichen und überzeugenden Schilderungen der Mutter des Kindes davon aus, dass eine familiäre Lebensgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und der gemeinsamen Tochter derzeit tatsächlich besteht, auch wenn dem Antragsteller der Aufenthalt in Heidelberg nicht gestattet ist. Es ist außerdem in dem für das vorliegende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausreichenden Grad hinreichend glaubhaft gemacht worden, dass der Antragsteller aufgrund der Aufgabenverteilung innerhalb der Lebensgemeinschaft einen wesentlichen Erziehungsbeitrag leistet, so dass seiner Beziehung zu der Tochter grundsätzlich der Schutz des Art....

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