Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung. Arbeitszeit. Wegezeiten Wegfall. Dienstvereinbarung. Tarifvorbehalt. Mitbestimmung bei der Arbeitszeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Mitbestimmungsrecht über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG) bezieht sich auf die Bestimmung der zeitlichen Lage der Arbeitszeit im Sinn von § 15 Abs. 1 BAT, nicht auf Regelungen darüber, was als Erfüllung der Arbeitspflicht zu gelten hat und demgemäß zur Arbeitszeit rechnet, insbesondere nicht auf Regelungen über eine Einrechnung von Wegezeiten in die Arbeitszeit.

2. Durch Dienstvereinbarungen können Grundsätze über die Bestimmung der zeitlichen Lage der Arbeitszeit aufgestellt werden. Dabei können nicht Punkte einbezogen werden, die Gegenstand einer gesetzlichen oder tariflichen Regelung sind (hier: Anrechnung von Wegezeiten).

 

Normenkette

LPVG § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 73; BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 1, § 73

 

Verfahrensgang

VG Stuttgart (Beschluss vom 29.06.1992; Aktenzeichen PVS-L 9/92)

 

Nachgehend

BVerwG (Beschluss vom 04.03.1994; Aktenzeichen 6 PB 14.93)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. Juni 1992 – PVS-L 9/92 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

In den von der … betriebenen Krankenhäusern werden Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der meisten Beschäftigten durch Rahmendienstpläne (Schichtpläne) und Einzeldienstpläne (Zuordnung der Beschäftigten zu den Schichten) geregelt.

Unter dem 24.7.1984 schlossen der Oberbürgermeister und der Gesamtpersonalrat der … eine „Vereinbarung” über „Grundsätze für die Erstellung von Rahmendienstplänen für die Mitarbeiter städtischer Krankenhäuser”. Diese Vereinbarung enthält keine Bestimmung über eine Anrechnung der Zeiten für den Weg zwischen Krankenhauspforte und Station auf die Arbeitszeit. § 6 der Vereinbarung lautet:

§ 6

Anpassung an geändertes Arbeits- und Tarifrecht

(1) Ändern sich rechtliche (einschließlich tarifliche) Vorschriften, wird diese Vereinbarung den Neuregelungen angepaßt.

(2) Diese Vereinbarung kann von beiden Teilen gekündigt werden; sie gilt weiter bis zum Abschluß einer neuen Vereinbarung.

Bei Abschluß der Vereinbarung vom 24.7.1984 galt hinsichtlich der Arbeitszeit folgende Regelung nach § 15 Abs. 7 BAT:

Die Arbeitszeit beginnt und endet an der Arbeitsstelle, bei wechselnden Arbeitsstellen an der jeweils vorgeschriebenen Arbeitsstelle oder am Sammelplatz.

Eine Protokollnotiz zu § 15 Abs. 7 BAT bestimmte:

Der Begriff der Arbeitsstelle ist weiter als der Begriff des Arbeitsplatzes. Er umfaßt z.B. die Dienststelle oder den Betrieb, während unter dem Arbeitsplatz der Platz zu verstehen ist, an dem der Angestellte tatsächlich arbeitet.

Zwischen dem Pflegepersonal der Krankenhäuser und der Verwaltung der … entstand Streit über die Frage, ob die Arbeitszeit an der Krankenhauspforte oder erst auf der jeweiligen Einsatzstation im Krankenhaus beginne. Das Bundesarbeitsgericht legte in einem – von einem bei einem Krankenhaus der … beschäftigten Krankenpfleger erwirkten – Urteil vom 18.1.1990 … Grundsätze zur Auslegung des Tarifbegriffs Arbeitsstelle dar. Es entschied in dem Urteil, daß nach den tariflichen Regelungen die Arbeitszeit für einen Krankenpfleger mit dem Betreten des Krankenhausgeländes beginne und mit seinem Verlassen ende. In einem weiteren Urteil vom 18.1.1990 … – (BAGE 65, 1 = PersR 1990, 308) entschied das Bundesarbeitsgericht, daß die Arbeitszeit einer Krankenschwester mit dem Durchschreiten der am Haupteingang des Krankenhauses befindlichen Pforte beginne und ende.

Am 22.5.1990 besprachen Vertreter der Verwaltung der … und des Gesamtpersonalrats die „Umsetzung” der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für den Bereich der Krankenhäuser. Dabei wurden, unterschieden nach Krankenhäusern und Beschäftigtengruppen, als Arbeitszeit zu berücksichtigende Wegezeiten – stets gegebenenfalls einschließlich Umkleidezeiten – zwischen 4 und 15 Minuten beziffert (Ergebnisniederschrift vom 19.6.1990). Das Bürgermeisteramt traf in einem Rundschreiben vom 18.10.1990 (Nr. 45/1990) zur Anpassung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Maßgaben für die Berechnung der Arbeitszeit bei den städtischen Ämtern, welche auch die Krankenhäuser einschlossen. Das Gesundheitsreferat verfügte unter dem 12.11.1990 für die Krankenhäuser, die Wegezeiten seien, soweit noch nicht geschehen, in die Rahmendienstpläne einzuarbeiten, wobei die Zeitpunkte des Dienstbeginns und des Dienstendes an der Arbeitsstelle (Pforte, Gebäudeeingang) und am Arbeitsplatz (Station) einzutragen seien. Entsprechend wurden in den einzelnen Krankenhäusern – so auch im Krankenhaus B. – Rahmendienstpläne erstellt, in denen Beginn und Ende der Arbeitszeit an der Pforte sowie die Zeitpunkte für das Erreichen und das Verlassen des Stationsbereichs aufgeführt waren.

Mit einer Vereinbarung vom 20.3.1991 ergänzten der Oberbürgermeister und der Gesamtpersonalrat die Vereinbarung über Grundsätze für d...

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