Leitsatz (amtlich)
Teil 3, Vorbemerkung 3 Abs. 3 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) ist dahingehend auszulegen, dass eine Terminsgebühr „für eine auf Verfahrensvermeidung oder Verfahrenserledigung gerichtete Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts” nur anfällt, wenn für das betreffende Verfahren eine mündliche Verhandlung oder Erörterung vorgeschrieben ist oder eine solche in dem betreffenden Fall ausnahmsweise anberaumt wurde.
Tenor
Die Erinnerung der Antragsteller gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 20. Juni 2006 – 3 S 1748/05 – wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Erinnerungsverfahrens als Gesamtschuldner.
Gründe
Die gemäß §§ 165, 151 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 20.06.2005 ist nicht begründet.
Mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag vom 15.05.2006 haben die Antragsteller neben einer gemäß Nr. 1008 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (künftig: Vergütungsverzeichnis) erhöhten Verfahrensgebühr, der Auslagenpauschale nach Nr. 7002 des Vergütungsverzeichnisses und der Umsatzsteuer eine Terminsgebühr geltend gemacht, als deren Entstehungsgrund sie Teil 3, Vorbemerkung 3 Abs. 3 des Vergütungsverzeichnisses angegeben haben. Im Kostenfestsetzungsverfahren haben sie insoweit näher ausgeführt, ihr Prozessbevollmächtigter, der das Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO bereits am 11.11.2005 für erledigt erklärt hatte, habe am 17.11.2005 ein Telefonat mit dem Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin geführt, das auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet gewesen sei. Insoweit sei der Ansatz einer Terminsgebühr mit Blick auf Teil 3, Vorbemerkung 3 Abs. 3 des Vergütungsverzeichnisses gerechtfertigt. Die Antragsgegnerin hat die grundsätzliche Anwendbarkeit des Gebührentatbestandes für das hiesige Verfahren nicht in Frage gestellt, aber ausgeführt, das besagte Telefonat sei nicht auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet gewesen, denn das Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sei seitens der Antragsteller bereits am 11.11.2005 – und damit bereits sechs Tage früher – für erledigt erklärt worden. Der Urkundsbeamte hat den Ansatz der Terminsgebühr in seinem Beschluss vom 20.06.2006 nicht für zulässig gehalten. Dagegen richtet sich die am 30.06.2006 eingelegte Erinnerung der Antragsteller.
Die Erinnerung bleibt ohne Erfolg. Dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller steht eine Terminsgebühr für das Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht zu.
Ein solcher Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus Nr. 3104 des Vergütungsverzeichnisses. Diese Vorschrift ist ersichtlich nur insoweit einschlägig, als sie den Satz der Gebühr nach § 13 RVG mit 1,2 bezeichnet. Soweit die Norm auch einen Gebührentatbestand enthält „Die Gebühr entsteht auch…”), ist dieser im vorliegenden Fall nicht einschlägig. In Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtslage trägt dieser Gebührentatbestand dem Anliegen Rechnung, dass der Prozessbevollmächtigte, der in einem Verwaltungsprozess im Hinblick auf den Grundsatz der Mündlichkeit erwarten kann, in der mündlichen Verhandlung seine Terminsgebühr zu verdienen, keinen Gebührennachteil erleiden soll, wenn entweder übereinstimmend auf eine mündliche Verhandlung verzichtet (§ 101 Abs. 2 VwGO) oder ohne den Willen der Beteiligten eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid oder gemäß § 130 a VwGO getroffen wird (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Aufl. 2004, VV 3104 RdNr. 14; Keller, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 9. Aufl. 2005, VV Teil 3 Abschnitt 1 RdNr. 45). In diesen Fällen wird die Terminsgebühr erst durch den Erlass der Entscheidung ausgelöst (vgl. Müller-Rabe, a.a.O., RdNr. 17). Ungeachtet dessen, dass der Fall der Entscheidung nach einer beidseitigen schriftlichen Erledigungserklärung den übrigen dort aufgeführten Fällen nicht gleichgestellt ist und sich insoweit auch eine Rechtsanalogie verbietet (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29.09.2006 – 16 WF 115/06 –, juris), ist der Tatbestand aus Nr. 3104 des Vergütungsverzeichnisses im vorliegenden Fall jedenfalls auch deshalb nicht einschlägig, weil es allgemeiner, vom Senat geteilter Meinung entspricht, dass dieser Gebührentatbestand nur dann eingreift, wenn eine Entscheidung ergeht, die an sich aufgrund einer mündlichen Verhandlung zu ergehen hätte (vgl. Müller-Rabe, a.a.O, RdNr. 20 m.w.N.). Dies ist in Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht der Fall.
Aber auch Teil 3, Vorbemerkung 3 Abs. 3 des Vergütungsverzeichnisses rechtfertigt den Ansatz der Terminsgebühr im vorliegenden Verfahren nicht. Allerdings ist den Antragstellern im Ansatz darin beizupflichten, dass ein auf die Erledigung des Verfahrens gerichtetes Telefonat den genannten Gebührentatbestand auch dann noch auslösen kann, wenn – wie es hier der Fall war – die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache bereits erklärt wurde und nur noch der Prozessgegner zu einer entsprechenden Erklärung b...