Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsschutzbedürfnis. Fortsetzungsfeststellungsantrag. Mutterschutz. mutterschutzrechtlichem Kündigungsschutz
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Unzulässigkeit einer Anfechtungsklage gegen eine Zustimmungserklärung gem. § 9 Abs. 3 MuSchG, wenn das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgelöst wird (im Anschluß an BVerwG, Urteil v. 18.8.1977 – V C 8.77 –).
2. Zur Frage, wann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Rehablitierung zu bejahen ist.
Normenkette
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4; MuSchG § 9 Abs. 3
Verfahrensgang
VG Sigmaringen (Gerichtsbescheid vom 05.11.1980; Aktenzeichen 10 S 2412/80) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 5. November 1980 – 4 K 105/80 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin war seit Mai 1978 als Nähsaal-Direktrice bei der Beigeladenen in Tunesien tätig. Seit September 1978 war sie schwanger. Mit Schreiben vom 10.4.1979 beantragte die Beigeladene beim Gewerbeaufsichtsamt … – Außenstelle … – die Zustimmung zur Kündigung gem. § 9 Mutterschutzgesetz (MuSchG) mit der Begründung,die Klägerin habe ihr durch schlechte Arbeitsleistung in Tunesien einen Schaden in Höhe von ca. 100.000 DM verursacht. Bereits während der dreimonatigen Probezeit seien erhebliche Mängel in der Arbeitsleistung der Klägerin festgestellt worden. Man habe seinerzeit jedoch gehofft, diese durch eine verlängerte Einarbeitungszeit beheben zu können. Im Laufe der folgenden Wochen sei jedoch offenkundig geworden, daß die Klägerin nicht in der Lage sei, als Näherei-Direktrice zu arbeiten. Nachdem unter Verantwortung der Klägerin in Tunesien fast nur noch Ausschußware gefertigt worden sei, habe der Leiter des tunesischen Unternehmens der Beigeladenen die Klägerin für einen Flug nach Deutschland beurlaubt, um nach einer Lösung zu suchen. Bei einer Besprechung am 9.10.1978 sei der Klägerin eindringlich klargemacht worden, daß, wenn eine Besserung der Arbeitsleistung nicht eintreten sollte, das Arbeitsverhältnis gelöst werden würde. Die Klägerin habe hierauf beim Arbeitsgericht … Klage erhoben mit dem Antrag, als alleinverantwortliche Näherei-Direktrice in Tunesien beschäftigt zu werden, diese Klage jedoch in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht zurückgenommen. Nach Rückkehr der Klägerin nach Tuneisen habe sich ihre Arbeitsleistung weiterhin verschlechtert, so daß sie überhaupt nicht mehr sinnvoll habe beschäftigt werden können. Trotz wiederholter Abmahnungen durch den Leiter sei sie auch zunehmend weniger bereit gewesen, sich mit den Mitarbeitern zu verständigen. Seit 29.3.1979 halte die Klägerin sich in … auf. Eine Rückkehr in das tunesische Tochterunternehmen erscheine nicht zumutbar. Eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses komme nicht in Betracht, da die Klägerin weder für eine sinnvolle Tätigkeit einsetzbar noch den Vorgesetzten und den Mitarbeitern eine normale Zusammenarbeit möglich sei.
Durch Bescheid vom 9.5.1979 gab die Behörde dem Antrag statt. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine Rückkehr der Klägerin in die tunesische Tochterfirma der Beigeladenen würde die Möglichkeit eines weiteren finanziellen Risikos für den dortigen Betrieb nicht ausschließen. Auch unter abgeänderten Arbeitsbedingungen bestünden bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in Tunesien Unzumutbarkeiten für alle Betroffenen. Die Kündigung werde deshalb bei Abwägung der Interessen aller Beteiligten für zulässig erklärt.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Während des Widerspruchsverfahrens erhob sie auch gegen die von der Beigeladenen ausgesprochene Kündigung Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht …. Am 19.5.1979 wurde sie von einem Jungen entbunden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 15.6.1979 erklärte die Klägerin auf Frage des Gerichts, ob sie weiterarbeiten wolle, daß sie eine Kündigung beabsichtige zum Ende der Schutzfrist gem. § 9 Abs. 1 MuSchG (14.7.1979). In einer weiteren mündlichen Verhandlung am 29.6.1979 vor dem Arbeitsgericht schlossen die Beteiligten folgenden Vergleich:
„Die Parteien sind sich darüber einig, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien im beiderseitigen Einverständnis am 19.11.1979 beendet wird.
…”
Damit wurde das Arbeitsverhältnis bis zum Ende des Mutterschaftsurlaubes (§ 8 a MuSchG) aufrechterhalten.
Nachdem die Klägerin auch nach Abschluß des erwähnten Vergleichs auf der Bescheidung des von ihr erhobenen Widerspruchs bestand, … wies das Gewerbeaufsichtsamt … den Widerspruch mit Bescheid vom 19.12.1979 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Abschluß des Vergleichs vom 29.6.1979 habe die Entscheidung des Gewerbeaufsichtsamts vom 9.5.1979 sich auf das rechtliche Schicksal des Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten nicht mehr auswirken können. Die angefochtene Entsche...