Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsbefugnis. Bebauungsplan. Befangenheit. Satzungsbeschluss. Wohnungseigentümergemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums einer Wohnungseigentümergemeinschaft durch die Festsetzung eines öffentlichen Geh- und Fahrradweges auf dem Grundstück in einem Bebauungsplan kann nur von der Wohnungseigentümergemeinschaft als solcher und nicht von den einzelnen Miteigentümern abgewehrt werden.
2. Ein Mitglied des Gemeinderats, das wegen Befangenheit mit dem eigenen Stuhl ein Stück nach hinten von Sitzungstisch des Gremiums abrückt, sich dabei aber immer noch vor der ersten Sitzreihe der Zuschauer befindet, verlässt nicht im Sinne des § 18 Abs. 5 GemO die Sitzung (Fortführung der bisherigen Rechtsprechung).
Normenkette
GemO BW § 18 Abs. 5; VwGO § 47 Abs. 2
Tenor
Auf den Normenkontrollantrag der Antragstellerin zu 3 wird der Bebauungsplan „Hubäcker III” der Gemeinde Baltmannsweiler vom 1. Juli 2014 für un wirksam erklärt, soweit er auf den Grundstücken FlSt. Nr. 169, 170, 171 und 173 einen Geh- und Radweg in südöstlicher Richtung zur Alfredstraße festsetzt.
Die Anträge der Antragsteller zu 1 und zu 2 werden abgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt ein Drittel der Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 3. Die Antragssteller zu 1 und zu 2 tragen als Gesamtschuldner zwei Drittel der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin. Im Übrigen behalten die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten auf sich.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Antragsteller wenden sich gegen die Festsetzung eines Geh- und Radwegs über ihr Grundstück durch den Bebauungsplan „Hubäcker III” der Antragsgegnerin.
Die Antragsteller zu 1 und zu 2 sind als Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft, der Antragstellerin zu 3, jeweils zur Hälfte Miteigentümer des im Geltungsbereich des angefochtenen Bebauungsplans gelegenen Grundstücks Gemarkung …, A.straße …, verbunden mit dem alleinigen Sondereigentum an einer der beiden Wohnungen im Wohngebäude auf dem Grundstück und einer der beiden Garagen. Das Grundstück ist über ein privatrechtlich gesichertes Geh- und Fahrrecht auf dem Grundstück …zur ca. 80 m südlich verlaufenden Seestraße erschlossen. Dabei muss der öffentliche Weg … gequert werden, der zwischen den Grundstücken … verläuft.
Die östlich davon gelegenen Grundstücke zwischen der S.straße im Süden und der Z.straße im Norden befinden sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Hubäcker” der Antragsgegnerin vom 12.7.1982, die Grundstücke westlich und nordwestlich der R.straße liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Hubäcker II” der Antragsgegnerin vom 22.7.1994.
Der angefochtene Bebauungsplan umfasst ein ca. 1,24 ha großes, bisher weitgehend unbebautes Gebiet, das von der Z.straße im Nordosten, der S.straße im Südwesten und der R.straße im Nordwesten begrenzt wird. Der Plan setzt eine Nutzung als allgemeines Wohngebiet (WA) und Baufenster für die bestehende Bebauung sowie insgesamt acht weitere Wohnhäuser im rückwärtigen Bereich fest, in der Mitte des Gebiets verbleiben eine große private Grünfläche und eine öffentliche Grünfläche für einen Spielplatz. Die Wohnbebauung im Nordwesten des Gebiets soll von der R.straße aus erschlossen werden. Von der S.straße im Südosten ist eine Stichstraße ca. 60 m tief nach Nordosten ins Plangebiet vorgesehen, die sich dann als Geh- und Radweg nach Norden bis zur Z.straße fortsetzt. Nach ca. 20 m soll ein weiterer, ca. 2,5 m breiter Geh- und Radweg nach Südosten zur A.straße abzweigen.
Dem angefochtenen Bebauungsplan liegt folgendes Verfahren zugrunde: Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss am 21.9.2010 die Aufstellung des Bebauungsplans für das Gebiet „Hubäcker III” im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB ohne Umweltprüfung. Der Aufstellungsbeschluss wurde am 8.10.2010 öffentlich bekanntgemacht. In der Sitzung des Gemeinderats am 18.9.2012 wurde ein erster Planentwurf gebilligt und die Durchführung der Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der Behörden und Träger öffentlicher Belange beschlossen. Der Auslegungsbeschluss wurde am 28.9.2012 öffentlich bekanntgemacht, die erste Auslegung vom 8.10. bis 8.11.2012 durchgeführt.
Am 7.11.2012 erhoben die Antragsteller zu 1 und 2 Einwendungen dahingehend, dass unklar sei, welche Kosten für die Grundstückseigentümer anfielen. Außerdem wünschten sie eine Erschließung ihres Grundstücks über die A.straße. Für einen Geh- und Radweg, der ihnen keine Vorteile bringe, seien sie aber nicht bereit, Grundstücksfläche abzugeben.
Da andere Grundstückseigentümer den Wunsch nach einer Durchfahrt von der R.- zur A.straße äußerten, führten der Bürgermeister der Antragsgegnerin und das mit der Planung betraute Ingenieurbüro Gespräche mit den beteiligten Eigentümern, die aber zu keinem Ergebnis führten. In der Sitzung am 19.3.2013 beschloss der Gemeinderat, die gewünschte Straßenverbindung nicht weiter zu verfolgen und es bei einem Geh- un...