Rechtskraft nein
Entscheidungsstichwort (Thema)
Bebauungsplan. Erforderlichkeit. Flachdachbebauung. Abwägung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Bebauungsplan, der das Ziel verfolgt, eine aus dem architektonischen Geist der 70er Jahre entstandene Flachdachsiedlung mit gegen Einblicke vom Nachbargrundstück geschützten Außenwohnbereichen zu bewahren, stellt keinen städtebaulichen Missgriff dar.
2. Die Festsetzung einer Gebäudehöhe für ein solches Gebiet, die praktisch nur eine Flachdachbebauung erlaubt, kann abwägungsfehlerfrei sein.
Normenkette
BauGB § 1 Abs. 3, 6
Tenor
Die Anträge werden abgewiesen.
Der Antragsteller 1 sowie die Antragsteller 2 und 3, die untereinander jeweils als Gesamtschuldner haften, tragen die Kosten des Verfahrens zu je einem Drittel.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Antragsteller, denen drei mit Wohnhäusern bebaute Grundstücke im Plangebiet gehören, wenden sich gegen den Bebauungsplan „Frauenberg II/01” der Antragsgegnerin vom 24.9.2001.
Der etwa 1,5 ha große Geltungsbereich des Bebauungsplans wird im Süden und Westen von der Lortzingstraße, im Norden von der Richard-Wagner-Straße und im Osten von einem Verbindungsweg zwischen diesen beiden Straßen begrenzt. Er umfasst 23 Bauplätze, wovon 21 auf der Grundlage eines Planentwurfs der Beratungsstelle für Bauleitplanung beim Regierungspräsidium Südwürttemberg-Hohenzollern vom April/Mai 1971 mit Flachdachbungalows bebaut sind. Der angefochtene Bebauungsplan soll das den Zeitgeist der 70er Jahr wiederspiegelnde Stadtbild bewahren. Er weist deshalb ein reines Wohngebiet für eingeschossige Gebäude mit einer maximalen Höhe von 3,5 m über der Erdgeschossfertigfußbodenhöhe und einer Grundflächenzahl von 0,4 aus. Durch Baugrenzen und Baulinien werden die winkelförmigen Baufenster an die weitgehend grenzständigen vorhandenen Wohnhäuser angepasst. In einer parallel beschlossenen Satzung über örtliche Bauvorschriften, die Gegenstand des Normenkontrollverfahrens – 8 S 1046/02 – ist, wird u. a. als Dachform „Flachdach (0° Dachneigung)” festgesetzt, Abweichungen hiervon können bis zu einer Neigung von maximal 5° zugelassen werden, „wenn die Dachkonstruktion hinter einer Attika liegt und optisch nicht in Erscheinung tritt (Sicht aus 1,8 m Höhe über Gelände, innerhalb des Plangebietes).” Dachaufbauten sind bis auf untergeordnete technische Aufbauten (Schornstein, Lichtkuppel) unzulässig.
Der Bebauungsplan hat folgende Vorgeschichte: Am 20.9.1999 hatte die Antragsgegnerin einen Bebauungsplan „Frauenberg II” beschlossen, in dem bauplanungsrechtliche Bestimmungen und örtliche Bauvorschriften zusammengefasst waren. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hielt diesen Plan in seinen von den Antragstellern 1 und 3 erstrittenen und (ohne Rechtsmittel) rechtskräftig gewordenen Urteilen vom 28.3.2001 – 4 K 1134/00 – (VBlBW 2002, 216 mit abl. Anm. Engel, S. 193) und – 4 K 1103/00 – für nichtig, weil seit der Änderung der LBO zum 1.1.1996 örtliche Bauvorschriften nicht mehr als Bestandteil eines Bebauungsplans erlassen werden dürften. Die Antragsgegnerin leitete daraufhin getrennte, aber in zeitlichem Gleichtakt bis zum Satzungsbeschluss verlaufene Verfahren zum Erlass eines Bebauungsplans und einer Satzung über örtliche Bauvorschriften ein. Am 11.6.2001 fasste der Gemeinderat der Antragsgegnerin entsprechende Aufstellungsbeschlüsse, die im Amtsblatt vom 13.6.2001 bekannt gemacht wurden. Am 25.6.2001 fand im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung für beide Verfahren zeitgleich eine Informationsveranstaltung statt, an der neun Bürgerinnen und Bürger (darunter auch die Antragsteller 1 und 2) teilnahmen, die sich mehrheitlich dafür aussprachen, Aufstockungen zu ermöglichen. Mit einem Schreiben vom 28.6.2001 wandten sich 14 Eigentümer von Grundstücken im Baugebiet „Frauenberg II/01” gegen die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Aufstockung der Gebäude. Sie wünschten die Erhaltung des über Jahrzehnte gewachsenen Baugebiets in der jetzigen Art. Für die Antragsteller wurde in einem Anwaltsschriftsatz vom 9.7.2001 vorgetragen, die Flachdächer müssten aufwendig saniert werden, weshalb sie schon seit vielen Jahren versuchten, die Genehmigung für eine Aufstockung und Aufbringung eines – in der Umgebung üblichen – Satteldachs zu erhalten. Im Übrigen wurde auf das genannte Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28.3.2001 – 3 K 1134/00 – verwiesen. In einem u. a. von den Antragstellern 2 unterzeichneten Schreiben vom 4.7.2001 wurde geltend gemacht, Flachdächer seien nicht mehr zeitgemäß, reparaturanfällig und teuer zu sanieren. Ohne Dachgeschossauf- und -ausbau werde jungen Familien die Möglichkeit genommen, sich anzusiedeln, und Familien mit schwer und schwerst behinderten Personen könnten die häusliche Pflege nicht auf Dauer ausüben bzw. fortführen.
Am 23.7.2001 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin, diesen Anregungen nicht zu folgen, da aus der Grenzbebauung und den Abstandsflächen deutlich werde, dass Gebäude mit Satteldach nicht in das Planungskonzept pass...