Rechtskraft nein
Entscheidungsstichwort (Thema)
Dachgestaltung. Flachdach. Abwägung. Planerhaltung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Erlass örtlicher Bauvorschriften ist eine Abwägungsentscheidung zu treffen, die nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegt.
2. Die Planerhaltungsvorschriften der §§ 214 ff. BauGB finden jedenfalls auch auf solche örtliche Bauvorschriften Anwendung, die zusammen mit einem Bebauungsplan beschlossen werden.
Normenkette
BauGB § 9 Abs. 3, § 214; LBO § 74 Abs. 1, 7
Tenor
Die Anträge werden abgewiesen.
Der Antragsteller 1 sowie die Antragsteller 2 und 3, die untereinander jeweils als Gesamtschuldner haften, tragen die Kosten des Verfahrens zu je einem Drittel.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Antragsteller, denen drei mit Wohnhäusern bebaute Grundstücke im Satzungsgebiet gehören, wenden sich gegen die Ortsbausatzung „Frauenberg II/01” der Antragsgegnerin vom 24.9.2001.
Der räumliche Geltungsbereich der Satzung deckt sich mit dem Plangebiet des ebenfalls am 24.9.2001 beschlossenen Bebauungsplans „Frauenberg II/01” der Antragsgegnerin, der Gegenstand des Normenkontrollverfahrens – 8 S 2228/01 – ist. Er umfasst 23 Bauplätze, wovon 21 auf der Grundlage eines Planentwurfs der Beratungsstelle für Bauleitplanung beim Regierungspräsidium Südwürttemberg-Hohenzollern vom April/Mai 1971 mit Flachdachbungalows bebaut sind. Die Satzung ergänzt dessen Festsetzungen, indem sie insbesondere als Dachform für die Hauptgebäude „Flachdach (0° Dachneigung)” festsetzt. Abweichungen hiervon können bis zu einer Neigung von 5° zugelassen werden, „wenn die Dachkonstruktion hinter einer Attika liegt und optisch nicht in Erscheinung tritt (Sicht aus 1,8 m Höhe über Gelände, innerhalb des Plangebietes)”.
Die Satzung hat folgende Vorgeschichte: Am 20.9.1999 hatte die Antragsgegnerin einen Bebauungsplan „Frauenberg II” beschlossen, in dem bauplanungsrechtliche Bestimmungen und örtliche Bauvorschriften zusammengefasst waren. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hielt diesen Plan in seinen von den Antragstellern 1 und 3 erstrittenen und (ohne Rechtsmittel) rechtskräftig gewordenen Urteilen vom 28.3.2001 – 4 K 1134/00 – (VBlBW 2002, 216 mit abl. Anm. Engel, S. 193) und – 4 K 1103/00 – für nichtig, weil seit der Änderung der LBO zum 1.1.1996 örtliche Bauvorschriften nicht mehr als Bestandteil eines Bebauungsplans erlassen werden dürften. Die Antragsgegnerin leitete daraufhin getrennte, aber in zeitlichem Gleichtakt bis zum Satzungsbeschluss verlaufene Verfahren zum Erlass eines Bebauungsplans und einer Satzung über örtliche Bauvorschriften ein. Am 11.6.2001 fasste der Gemeinderat der Antragsgegnerin entsprechende Aufstellungsbeschlüsse, die im Amtsblatt vom 13.6.2001 bekannt gemacht wurden. Am 25.6.2001 fand im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung für beide Verfahren zeitgleich eine Informationsveranstaltung statt, an der neun Bürgerinnen und Bürger (darunter auch die Antragsteller 1 und 2) teilnahmen, die sich mehrheitlich dafür aussprachen, Aufstockungen zu ermöglichen. Mit einem Schreiben vom 28.6.2001 wandten sich 14 Eigentümer von Grundstücken im Baugebiet „Frauenberg II/01” gegen die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Aufstockung der Gebäude. Sie wünschten die Erhaltung des über Jahrzehnte gewachsenen Baugebiets in der jetzigen Art. Für die Antragsteller wurde in einem Anwaltsschriftsatz vom 9.7.2001 vorgetragen, die Flachdächer müssten aufwendig saniert werden, weshalb sie schon seit vielen Jahren versuchten, die Genehmigung für eine Aufstockung und Aufbringung eines – in der Umgebung üblichen – Satteldachs zu erhalten. Im Übrigen wurde auf das genannte Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28.3.2001 – 3 K 1134/00 – verwiesen. In einem u. a. von den Antragstellern 2 unterzeichneten Schreiben vom 4.7.2001 wurde geltend gemacht, Flachdächer seien nicht mehr zeitgemäß, reparaturanfällig und teuer zu sanieren. Ohne Dachgeschossauf- und -ausbau werde jungen Familien die Möglichkeit genommen, sich anzusiedeln, und Familien mit schwer und schwerst behinderten Personen könnten die häusliche Pflege nicht auf Dauer ausüben bzw. fortführen.
Am 23.7.2001 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin, diesen Anregungen nicht zu folgen, da aus der Grenzbebauung und den Abstandsflächen deutlich werde, dass Gebäude mit Satteldach nicht in das Planungskonzept passten. Weitere Gründe seien die mögliche Einschränkung der Nachbargrundstücke in Belichtung und Besonnung sowie Gründe der Gleichbehandlung, da nicht alle Betroffenen auf ihr Haus ein Satteldach aufsetzen könnten oder wollten. Alle Eigentümer hätten die Gebäude mit dem Wissen um die zwingende Vorgabe von Flachdächern erworben, wie sie der alte Plan festgesetzt habe. Eine deutliche Mehrheit der Anwohner habe den Wunsch geäußert, den status quo zu erhalten. Das Plangebiet habe einen völlig anderen Charakter als die Bebauung in der Umgebung. Das Kreisplanungsamt errechnete ferner in einer Aufstellung vom 24.7.2001, dass den Antragstelle...