Rz. 603
Klageverfahren
Nur für den Fall, dass die GmbH-Satzung keine Ausschlussklausel enthält, kann die Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund im Wege einer Klage erfolgen.
Kläger ist die durch ihre Geschäftsführer vertretene GmbH. Die Entscheidung, ob eine derartige Klage erhoben werden soll, wird durch einen Gesellschafterbeschluss getroffen. Dieser Beschluss bedarf der gleichen Mehrheit, wie sie für einen Auflösungsbeschluss gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG erforderlich ist, d. h., im Regelfall ist die Zustimmung von ¾ des bei der Beschlussfassung vertretenen Kapitals notwendig.
Rz. 604
Wird der Klage der Gesellschaft stattgegeben, ergeht ein zum Ausschluss führendes Gestaltungsurteil. Dabei machte der BGH die Ausschlusswirkung im Interesse der Sicherung des Abfindungsanspruchs des Betroffenen von der aufschiebenden Bedingung abhängig, dass die Gesellschaft die im Urteil bestimmte Abfindung zahlt. Mit dem Bedingungseintritt endete dann die Mitgliedschaft des ausgeschlossenen Gesellschafters, und sein Geschäftsanteil fiel der Gesellschaft zum Zweck der Verwertung zu. Die Gesellschaft hatte dann die Wahl, ob sie den Geschäftsanteil einziehen oder ihn an Gesellschafter oder Dritte abtreten will.
Bis zum Bedingungseintritt war der Auszuschließende noch Gesellschafter. Seine Mitgliedschaftsrechte ruhten jedoch insoweit, als er Maßnahmen, die der Durchführung seines Ausschlusses dienen, nicht vereiteln konnte.
Jedoch hat der BGH mit Urteil v. 24.1.2012 nunmehr die Geltung dieser "Bedingungslösung" im Fall der Zwangseinziehung verneint und entschieden, dass der Auszuschließende seine Gesellschafterstellung bereits mit Rechtskraft des Urteils verliert und die verbleibenden Gesellschafter persönlich und anteilsmäßig auf die Abfindung haften, wenn sie der Ausgeschlossene nicht fristgerecht erhält.
Rz. 605
Materiellrechtliche Voraussetzungen
Materiellrechtlich setzt eine der Klage stattgebende Entscheidung voraus, dass in der Person des auszuschließenden Gesellschafters ein derart wichtiger Grund liegt, der die Erreichung des Gesellschaftszwecks unmöglich macht oder erheblich gefährdet oder sonst sein Verbleiben in der Gesellschaft unmöglich erscheinen lässt. Ob im Einzelfall ein zum Ausschluss berechtigender wichtiger Grund gegeben ist, richtet sich nach der Gesamtschau aller Umstände. Wichtige Gründe sind z. B. eine schwerwiegende Störung des Vertrauensverhältnisses oder die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Gesellschaft durch Unerreichbarkeit des Gesellschafters. Der Ausschluss eines Gesellschafters im Wege der Klage kann immer nur als letztes Mittel in Betracht kommen. Bestehen weniger einschneidende Möglichkeiten, den untragbar gewordenen Zustand zu ändern, ist eine Ausschließung nicht zulässig.
Eine Ausschließung im Wege der Klage ist ebenso unzulässig, wenn im Gesellschaftsvertrag bereits eine nach der Rechtsprechung des BGH zulässige Hinauskündigungsklausel (siehe Rn. 597), d. h. die Möglichkeit des Ausschlusses eines Gesellschafters durch Gesellschafterbeschluss bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, enthalten ist.