Leitsatz

  1. Bestimmtheitsgebot auch eines Mehrheitsbeschlusses zur Installierung einer Videoüberwachung des Hauseingangsbereichs
  2. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Einrichtung eines Videoüberwachungssystems Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen
 

Normenkette

§ 21 Abs. 3 WEG; § 6 Bundesdatenschutzgesetz - BDSG -

 

Kommentar

  1. Offen bleiben kann, ob sich ein Beschlussanfechtungsantrag erledigt hat, wenn zwischenzeitlich eine beschlossene Installation (hier: der Videokamera) vorgenommen wurde. Auch nach der Rechtsprechung des BGH (v. 17.7.2003, V ZB 11/03, NJW 2003, 3124) ist ein Rechtsschutzbedürfnis im Beschlussanfechtungsverfahren im Regelfall nicht zu prüfen; möglich ist zwar, dass ein solcher Anfechtungsantrag im Einzelfall wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig sein kann (BayObLG v. 15.4.2004, 2Z BR 235/03, NZM 2004, 623); ein solcher Fall lag jedoch vorliegend nicht vor.
  2. Ein Eigentümerbeschluss muss jedoch inhaltlich klar und bestimmt, jedenfalls aber (ggf. über Auslegung) bestimmbar sein; andernfalls ist er anfechtbar, u.U. auch nichtig (vgl. BayObLG v. 12.7.1994, 2Z BR 51/94, WE 1995, 245; BayObLG v. 10.12.1998, 2Z BR 99/98, WuM 1999, 179; OLG Düsseldorf v. 24.11.2003, I-3 Wx 123/03, ZMR 2004, 282/284). Auch Beschlüsse selbst sind objektiv und normativ auszulegen; was Beteiligte erörtert oder gewollt haben, kann zur Auslegung nicht herangezogen werden, wenn es im Versammlungsprotokoll keinen Niederschlag gefunden hat. Maßgebend ist vielmehr die nächstliegende Bedeutung für einen unbefangenen Betrachter. Eine entsprechende Auslegung kann auch ein Rechtsbeschwerdesenat ohne Bindung an die des Landgerichts vornehmen (BayObLG v. 29.4.2004, 2Z BR 245/03, WuM 2004, 627).
  3. Im vorliegenden Fall konnte dem angefochtenen Eigentümerbeschluss auch nicht durch Auslegung entnommen werden, wie die Videoüberwachung des Eingangsbereichs technisch gestaltet werden sollte. Dies muss jedoch im Eigentümerbeschluss im Einzelnen geklärt sein (vgl. KG v. 26.6.2002, 24 W 309/01, NZM 2002, 702). Die Frage der Zulässigkeit und der Grenzen einer Videoüberwachung ist sehr umstritten (vgl. OLG Karlsruhe v. 8.11.2001, 12 U 180/01, NZM 2002, 703; KG, wie vor; AG Frankfurt a.M. v. 9.9.2002, 65 UR II 149/02, NZM 2003, 68; Bärmann/Pick, WEG, 9. Aufl., § 15 Rn. 22; Gottschalg, Rechtsprechungsübersicht zum Wohnungseigentumsrecht, FG Prax 2003, 47/51; Drasdo, Literaturübersicht zum Wohnungseigentum, NZM 2003, 704, 708). Auch nach Ansicht des Senats dürfte, ohne dass dies hier abschließend geklärt werden muss, die Installation eines Videoüberwachungssystems grundsätzlich zulässig sein, durch das Besucher nur von den Wohnungen aus identifiziert werden können, die dem System angeschlossen sind und deren Klingel betätigt wurde. Demgegenüber dürfte eine Videoüberwachung ohne solche technischen Beschränkungen den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen. Im Hinblick auf die weit reichenden tatsächlichen Folgen beider Systeme und im Hinblick auf die Rechtsprobleme, die dadurch aufgeworfen werden, muss im Eigentümerbeschluss klar zum Ausdruck gebracht werden, was gewollt ist. Jedenfalls muss in einem solchen Beschluss auch festgelegt sein (vgl. KG wie vor), dass und wie der Umstand der Beobachtung und der verantwortlichen Stelle erkennbar gemacht wird (vgl. § 6 Abs. 2 BGSG) und wie das erforderliche Löschen der Daten geregelt wird (vgl. § 6 Abs. 5 BGSG). Diese Details waren im vorliegenden Beschluss nicht geregelt.
 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 27.10.2004, 2Z BR 124/04, BayObLGZ 2004 Nr. 58

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