Leitsatz

  1. Videoüberwachung durch mehrere Kameras teils widerrechtlich, teils ordnungsgemäßem Gebrauch entsprechend
  2. Wiedereinsetzung wegen unverschuldeter Fristversäumung
 

Normenkette

§§ 14 Nr. 1, 45 Abs. 1 WEG; §§ 29 Abs. 1 und 2, 22 Abs. 1, 2 FGG; § 6b BDSG

 

Kommentar

  1. Ein Eigentümer hatte auf der Vorder- und Rückseite des Gebäudes mehrere Videokameras installiert, wobei auf der Vorderseite auch gemeinschaftliche Flächen erfasst wurden. Durch Mehrheitsbeschluss wurde die generelle Beseitigung aller Kameras unter Fristsetzung beschlossen und der Verwalter ermächtigt, bei nicht fristgerechter Beseitigung eine Anwaltskanzlei mit der gerichtlichen Durchsetzung des Beseitigungsanspruchs der übrigen Eigentümer zu beauftragen.
  2. Ein solcher Eigentümerbeschluss, der die dauernde, unkontrollierte Videoüberwachung von Flächen, die im Gemeinschaftseigentum stehen, durch einen der Wohnungseigentümer verbietet, entspricht i.d.R. einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Die auf der Vorderseite des Hauses installierten Kameras erfassten auch Gemeinschaftseigentum und fremdes Sondereigentum, d.h. den Zugangsweg zu anderen Wohneinheiten. Auf den Aufnahmen, deren weitere Verwendung sich jeglicher Kontrolle durch die Betroffenen entzog, sind die Passanten in allen ihren Bewegungen auf dem überwachten Bereich abgebildet. Diese Möglichkeit der dauernden Beobachtung und der Weiterverwendung der gespeicherten Bilder geht über das hinaus, was zur Wahrnehmung des Hausrechts durch den betreffenden Eigentümer erforderlich ist. Die Maßnahme entspricht auch nicht den Vorgaben des § 6b Bundesdatenschutzgesetz und stellt somit einen unzulässigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Eigentümer und Besucher dar.

    Soweit jedoch die Kamera nur Bereiche überwacht, die im Sondereigentum des Antragstellers stehen bzw. an denen ihnen Sondernutzungsrechte eingeräumt sind (auf der Rückseite des Gebäudes), erwächst den anderen Eigentümern dadurch kein Nachteil, der über § 14 Nr. 1 WEG hinausgeht. Ein Beschluss, der den Gebrauch insoweit verbietet, entspricht damit nicht einer Regelung ordnungsgemäßen Gebrauchs.

    Damit war der Mehrheitsbeschluss der Eigentümer auf generelle Beseitigung aller Anlagen zu Recht nur teilweise für ungültig erklärt (auch unter Berücksichtigung des § 139 BGB).

  3. Eine Rechtsbeschwerde, die an das BayObLG adressiert und bei der allgemeinen Einlaufstelle der Justizbehörden eingelegt worden ist, ist zu diesem Zeitpunkt nur beim BayObLG eingegangen. Wenn die Weiterleitung an das seit 1.1.2005 zuständige OLG (München) innerhalb der Beschwerdefrist an behördeninternen Vorgängen scheitert, so liegt eine unverschuldete Fristversäumung vor, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigt.
 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss vom 11.03.2005, 32 Wx 002/05OLG München v. 11.3.2005, 32 Wx 002/05, ZMR 6/2005, 474

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