Leitsatz
Eine volljährige Tochter und ihr Vater stritten um den von ihm zu leistenden Unterhalt. Das OLG Jena hatte sich in seiner PKH-Entscheidung mit der Frage der hypothetischen Anrechenbarkeit von Bafög-Leistungen, der möglichen Verwirkung des Unterhaltsanspruchs durch Verschweigen von Einkünften und der Erwerbsobliegenheit von Studenten auseinanderzusetzen.
Sachverhalt
Gegenstand des Verfahrens war die von einer volljährigen Tochter begehrte Abänderung einer Jugendamtsurkunde aus dem Jahre 2001, in der der Vater der Klägerin sich verpflichtet hatte, 113,9 % des jeweiligen Regelbetrages gemäß § 2 der RegelbetragVO abzüglich der anzurechnenden Kindergeldleistung zu zahlen. Hieraus resultierte zuletzt ein Zahlbetrag von 267,14 EUR. Die Klägerin begehrte im Rahmen der Abänderung Zahlung von Unterhalt i.H.v. 513,00 EUR. Sie studierte im 9. Semester, davon im 8. Semester Sportwissenschaften an der FSU Jena und führte seit dem 1.1.2005 einen eigenen Haushalt. Die Mutter der Klägerin bezog Erwerbsunfähigkeitsrente i.H.v. 725,71 EUR, Wohngeld i.H.v. 90,00 EUR sowie Pflegegeld i.H.v. 200,00 EUR monatlich.
Der Beklagte hatte als Werkzeugmeister unstreitig in den letzten 12 Monaten vor Klageerhebung ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 2.095,70 EUR erzielt. Hiervon waren berufsbedingte Fahrtkosten i.H.v. 218,00 EUR monatlich abzusetzen.
Die Klägerin hatte ab April 2006 Bafög-Leistungen erhalten. Seit Oktober nahm sie kein Bafög mehr in Anspruch, da dieses aufgrund der Bezugsdauer nur noch auf Darlehensbasis gewährt worden wäre.
Die Klägerin hat bis einschließlich Januar 2007 eine Aushilfstätigkeit in der Universitätsbibliothek mit einem Pauschalverdienst von 60,00 EUR monatlich ausgeübt. Ab dem 19.2.2007 hat sie auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages gearbeitet und in dem Zeitraum vom 19.2.2007 bis zum 31.3.2008 im Monatsdurchschnitt 207,36 EUR verdient. Diese zusätzlichen Einkünfte hat sie erstmals im Termin vom 30.11.2007 dargelegt.
Das erstinstanzliche Gericht hat Klage und Widerklage teilweise für begründet erachtet.
Die Klägerin beabsichtigte, das erstinstanzliche Urteil mit der Berufung anzugreifen und beantragte für das durchzuführende Rechtsmittel Prozesskostenhilfe, die ihr nicht bewilligt wurde. Die hiergegen von ihr eingelegte Beschwerde hatte nur zum Teil Erfolg.
Entscheidung
Das OLG ging von einem Bedarf der Klägerin als Volljähriger und Studentin mit eigenem Hausstand i.H.v. 590,00 EUR ab dem 1.2.2007 und i.H.v. 640,00 EUR ab 1.1.2008 aus. Hierauf habe sich die Klägerin das unstreitig weitergeleitete Kindergeld i.H.v. 154,00 EUR sowie die monatlichen Bafög-Leistungen anrechnen zu lassen.
Seit dem 1.10.2008 habe sie kein Bafög mehr bezogen, da ihr ab diesem Zeitpunkt Bafög i.H.v. 300,00 EUR monatlich nur als Darlehen gewährt worden wäre. Sie habe sich gleichwohl ihren Bafög-Anspruch insoweit fiktiv auf ihren Unterhaltsbedarf anrechnen lassen.
Das OLG verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass der Unterhaltsberechtigte, der die Stellung eines Bafög-Antrages vorwerfbar unterlassen habe, sich die Forderung anrechnen lassen müsse und folgte insoweit der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 1985, 916), dass Darlehen anrechenbares Einkommen nach Billigkeitsgesichtspunkten seien, da Bafög-Darlehen wegen der günstigen Rückzahlungsmodalitäten so günstig seien, dass es dem Studenten angesichts seiner Zukunftsperspektiven zumutbar sei, sie zur Entlastung der Eltern, die schon erhebliche Leistungen für das Kind erbracht hätten, in Anspruch zu nehmen. Vorliegend könne dies dahinstehen, da die Klägerin sich freiwillig den Bafög-Anspruch auf den Unterhaltsbedarf anrechnen lasse.
Zu Recht weise die Klägerin darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1995, 1216) einen Studenten neben dem Studium in der Regel keine Erwerbsobliegenheit treffe. Er solle sich - auch im Interesse des Unterhaltspflichtigen - mit ganzer Kraft, Fleiß und Zielstrebigkeit dem Studium widmen, um dieses innerhalb angemessener und üblicher Zeit zu beenden.
Eine andere Betrachtung sei nur dann angebracht, wenn es sich z.B. um studiumsbegleitende Praktika oder sonst studiumsfördernde Nebenarbeit im Studienfach handele.
Im vorliegenden Fall sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin nur Nebeneinkünfte in einer Größenordnung von 200,00 EUR erzielt habe. Bringe man hiervon den Erwerbstätigenbonus i.H.v. 1/7 in Abzug, verbleibe noch ein Betrag von aufgerundet 172,00 EUR.
In der von ihm vorgenommenen Gesamtschau ging das OLG davon aus, dass sich die Klägerin ihre eigenen Einkünfte lediglich für die Zeit vom 1.2.2007 bis 30.9.2007, während der sie noch Bafög bezogen hatte, i.H.v. 58,00 EUR monatlich auf ihren Unterhaltsanspruch anrechnen lassen müsse.
Das OLG sah keine schwere Verfehlung der Klägerin dem Beklagten darin, dass sie die Aufnahme ihrer weiteren Nebentätigkeit nicht zu einem früheren Zeitpunkt offenbart hatte. Verschweige ein volljähriges, studierendes Kind dem unterhaltsverpflichteten Vater die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit neben d...