Leitsatz
Eine volljährige Tochter nahm ihre Mutter auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch. Sie lebte seit 15 Jahren in dem Haushalt von Pflegeeltern, die sie versorgten und betreuten. Die Mutter der Klägerin war mit dem Sohn der Pflegeeltern verheiratet, der zunächst als Vater der Klägerin galt. Durch Urteil aus dem Jahre 1989 wurde festgestellt, dass er nicht der Vater der Klägerin war. Die Klägerin wusste nicht, wer ihr leiblicher Vater war. Ihre Mutter hatte ihr zu keinem Zeitpunkt dessen Namen mitgeteilt.
Die Klägerin absolvierte sei dem 15.8.2005 eine Ausbildung zur Hotelfachfrau. Im ersten Ausbildungsjahr erzielte sie eine Ausbildungsvergütung von 470,00 EUR monatlich brutto. Ab dem 15.8.2006 erhöhte sich die Ausbildungsvergütung auf brutto 550,00 EUR. Die Klägerin begehrte von ihrer Mutter Unterhalt seit Januar 2006. Die Beklagte war verheiratet und erwerbstätig. Ihr Ehemann erzielte ebenfalls Erwerbseinkünfte.
Erstinstanzlich wurde die Beklagte zur Zahlung von Unterhalt verurteilt. Hiergegen legte sie Berufung ein und begehrte ihr erstinstanzlich verfolgtes Ziel auf Klageabweisung weiter.
Die Klägerin legte Anschlussberufung ein mit dem Antrag, ihre Mutter zu verurteilen, für sie auch für die Monate August und September 2006 Kindesunterhalt zu zahlen.
Die Rechtsmittel beider Parteien waren teilweise erfolgreich.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG ging für den streitbefangenen Zeitraum von einem monatlichen Bedarf der Klägerin i.H.v. 640,00 EUR monatlich aus. Etwaige zusätzliche Leistungen der früheren Pflegeeltern seien als freiwillige Zuwendungen eines Dritten zu bewerten, die im Zweifel nicht der Entlastung des Unterhaltspflichtigen dienen sollten. Dies betreffe im Streitfall vor allem das Entgegenkommen der Pflegeeltern, der Klägerin von ihrer Ausbildungsvergütung kein "Kostgeld" abzuverlangen, sondern die tatsächlichen Zahlungen der Beklagten abwarten zu wollen. Rechtlich stelle sich dies als Stundung des Kostgeldanspruchs dar, den die Pflegeeltern ersichtlich nur um der Klägerin willen ausgesprochen hätten, nicht aber zur Entlastung der Beklagten.
Von den Einkünften der Klägerin seien berufsbedingte Aufwendungen abzuziehen, die das OLG auf 90,00 EUR monatlich schätzte. Die Mindestpauschale für berufsbedingte Aufwendungen von 50,00 EUR reiche nicht aus.
Im Übrigen müsse sich die Klägerin das an sie ausgezahlte Kindergeld anrechnen lassen. Ihr noch offener Unterhaltsbedarf betrage danach im ersten Lehrjahr 195,89 EUR monatlich, im zweiten Lehrjahr nur noch 121,85 EUR monatlich.
Die Beklagte sei für den Restbedarf der Klägerin auch leistungsfähig.
Das OLG setzte bei ihr ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.699,98 EUR an.
Ferner sei zu beachten, dass bei der Beurteilung ihrer Leistungsfähigkeit nach § 1601 Abs. 1 BGB die Hälfte des gemeinsamen Einkommens der Eheleute als ihr angemessener Bedarf vorweg von der Summe der gemeinsamen Einkünfte abzuziehen sei.
Das von dem Ehemann der Beklagten im Jahre 2005 bezogene Bruttoeinkommen habe umgerechnet 1.667,00 EUR monatlich betragen und werde zugunsten der Beklagten für 2006 fortgeschrieben. Addiere man das Einkommen der Beklagten und ihres Ehemannes, ergebe sich ein Betrag von insgesamt 2.767,62 EUR. Hiervon entfalle die Hälfte auf die Beklagte, somit ein Betrag von 1.383,81 EUR.
Hiervon sei zugunsten der Beklagten ein Betrag von 299,00 EUR für einen von ihr zu tilgenden Kredit abzusetzen, so dass in jedem Fall noch ein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen von 1.084,81 EUR verbleibe. Dieser Betrag ermögliche ihr Zahlung des der Klägerin zustehenden ungedeckten Unterhalts bei Berücksichtigung eines Selbstbehalts von 860,00 EUR. Der Selbstbehalt sei im Hinblick auf das Zusammenleben mit einem neuen Partner entsprechend der Rechtsprechung des BGH zu kürzen (vgl. BGH v. 20.3.2002 - XII ZR 216/00, BGHReport 2002, 461 m. Anm. Kühner = MDR 2002, 883 = FamRZ 2002, 742, im Anschluss an das Senatsurteil vom 29.6.2000 - 9 UF 27/00; Senatsurteil vom 23.6.2006 - 9 UF 166/04; Senatsbeschluss vom 23.6.2003 - 9 UF 137/02).
Das OLG bemaß die Kürzung in Anlehnung an den Unterschiedsbetrag zwischen dem monatlich notwendigen Eigenbedarf des getrennt lebenden oder geschiedenen erwerbstätigen unterhaltsberechtigten Ehegatten und des erwerbstätigen Ehegatten, der in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Unterhaltspflichtigen lebt. Auf ein etwa in Betracht kommendes zusätzliches Einkommen der Beklagten komme es hiernach nicht an.
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.12.2006, II-9 UF 67/06