Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG, § 45 Abs. 1 WEG, § 47 WEG, § 13 FGG, § 20a FGG
Kommentar
1. Im WE-Verfahren besteht ebenso wie im Zivilprozess die Möglichkeit, Verfahrenskosten dem Vertreter eines Beteiligten aufzuerlegen, der ohne ausreichende Vollmacht aufgetreten ist und einen unzulässigen Antrag gestellt oder ein unzulässiges Rechtsmittel eingelegt hat. Dem vollmachtlosen Vertreter können allerdings nur Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten der Gegenseite oder eines anderen Beteiligten auferlegt werden, nicht aber die Kosten derjenigen Beteiligten, in deren Namen er aufgetreten ist. Die gerichtliche Kostenentscheidung regelt also niemals Kostenfragen im Verhältnis zwischen einem Beteiligten und dessen Vertreter. Ein etwaiger Vergütungsanspruch bestimmt sich hier allein nach den zwischen Vollmachtgeber und Vollmachtnehmer bestehenden (oder fehlenden) vertraglichen Beziehungen. Die Kostenentscheidung ist deshalb auch nicht Vollstreckungsgrundlage im Verhältnis zwischen Vertreter und Vertretenem; vollstreckt werden können aufgrund einer gerichtlichen Kostenentscheidung nur die Kosten, die der Gegner oder ein anderer Beteiligter zu erstatten hat.
2. Werden im WE-Verfahren einem materiell nicht beteiligten Dritten (z. B. dem vollmachtlosen Vertreter eines Beteiligten) Kosten auferlegt, so kann er die Kostenentscheidung nach § 20 a Abs. 2 FGG selbstständig anfechten.
Nach § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG ist der Verwalter berechtigt, im Namen aller Eigentümer Ansprüche gerichtlich geltend zu machen, sofern er hierzu durch Beschluss der Wohnungseigentümer ermächtigt ist. Die Ermächtigung kann auch in zulässiger Weise allgemein in der Gemeinschaftsordnung (wie hier) erteilt sein. Eine vereinbarte oder beschlossene Ermächtigung schließt grundsätzlich auch das Recht ein, einen Rechtsanwalt mit der Durchführung gerichtlicher Verfahren zu beauftragen. Die Bevollmächtigung zur Vertretung in einem gerichtlichen Verfahren ist nicht materiell-rechtliches Rechtsgeschäft, sondern Verfahrenshandlung (Prozesshandlung; die ausreichende Bevollmächtigung ist Verfahrenshandlungsvoraussetzung - Prozesshandlungsvoraussetzung). Solche Verfahrenshandlungen können vom Rechtsbeschwerdegericht selbstständig, ohne Bindung an die Würdigung durch den Tatrichter, ausgelegt werden.
Ist der Verwalter nach Gemeinschaftsordnung verfahrensbefugt, kann eine Vollmacht in einem Verwaltervertrag nicht eingeschränkt werden (hier: verwaltervertraglich vereinbarte 2-malige Abmahnung vor gerichtlicher Antragstellung). Der Verwaltervertrag regelt typischerweise in erster Linie das Innenverhältnis zwischen Vertretenem und Vertreter, nicht aber die sich aus anderen Grundlagen ergebende, nach außen wirkende Vertretungsmacht, die insoweit uneingeschränkt ist. Im vorliegenden Fall war die entsprechend einschränkende Bestimmung im Verwaltervertrag sogar mit "Erweiterung des Verwalterauftrages" überschrieben.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 13.06.1990, BReg 2 Z 51/90)
zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren
Anmerkung:
Aus der Entscheidung wird wohl deutlich, dass gesetzlich zwingende Verwalterpflichten und entsprechende Vereinbarungen nicht durch verwaltervertragliche Absprachen (die das Innenverhältnis der Eigentümer zum Verwalter betreffen) eingeschränkt werden können. Man kann natürlich darüber streiten, ob hier Vereinbarungen im Innenverhältnis gerade beim Wohngeldinkassoverfahren durch den Verwalter nicht auch bei der Prozessführung durch den bevollmächtigten Verwalter zu berücksichtigen wären, also in das "Außenverhältnis" durchschlagen. Das Entscheidungsergebnis des BayObLG beweist jedoch erneut, dass in Verwalterverträgen möglichst keine anderslautenden vertraglichen Absprachen getroffen werden sollten als in der Gemeinschaftsordnung vereinbart oder schon aus dem Gesetz heraus (insbesondere im Fall zwingender gesetzlicher Regelungen) ableitbar.