Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 890 ZPO
Kommentar
1. Ein Vollstreckungstitel, durch den es - wie hier - einem Teileigentümer untersagt wird, sein Teileigentum in bestimmter, näher dargelegter Weise als Gaststätte zu nutzen, ist auch dann nach § 890 ZPO und nicht nach § 888 ZPO zu vollstrecken, wenn der Teileigentümer seine Räume verpachtet hat und er (als Vollstreckungsschuldner) Maßnahmen gegen den Pächter ergreifen muss, um seiner Unterlassungsverpflichtung nachzukommen (vgl. BayObLG, WuM 91, 315).
Im vorliegenden Fall lagen die Voraussetzungen eines Ordnungsmittelbeschlusses nach § 45 Abs. 3 WEG, § 890 ZPO vor.
2. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Festsetzung eines Ordnungsmittels durch das Gericht fehlt nicht deshalb, weil die Zuwiderhandlung gegen die Untersagung, das Teileigentum als Gaststätte außerhalb der Ladenöffnungszeiten zu nutzen, vor dem Zeitpunkt begangen wurde, zu dem der Titel durch Schließung der Gaststätte gegenstandslos geworden ist.
Ein Ordnungsmittel ist nämlich nicht nur eine Maßnahme, die den Schuldner zur Befolgung des Unterlassungsanspruches anhalten soll, sondern hat auch bestrafenden Charakter (Bundesverfassungsgericht, NJW 91, 3139); andernfalls könnte in vielen Fällen folgenlos schuldhaft gegen einen Unterlassungsanspruch verstoßen werden (vgl. auch OLG Düsseldorf, NJW-RR 88, 510).
3. Voraussetzung der Vollstreckung ist schuldhaftes Handeln (hier: zu bejahen). Um den Vorwurf des Verschuldens auszuräumen, hat ein Schuldner alles in seiner Macht stehende zu unternehmen, um einen Pächter zu einer der Zweckbestimmung entsprechenden Nutzung des Teileigentums zu bewegen. Welche Schritte er dazu gehen will, bleibt grundsätzlich ihm überlassen und kann ihm nicht vorgeschrieben werden (BayObLG, NJW-RR 91, 658). Die Vollstreckbarkeit stößt dort an eine Grenze, wo es unmöglich ist, die Mitwirkung oder Zustimmung (des Dritten) zu erlangen. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Zustimmung der Pächter zu einem Verhalten, das dem Beschluss des LG entspricht, im vorliegenden Fall nicht erreichbar gewesen wäre, sind nicht vorhanden. Dazu genügt die bloße Mitteilung der Vollstreckungsschuldner nicht, sie hätten die Pächter darum gebeten, sich nach den Auflagen im genannten Beschluss zu richten, und diese hätten das abgelehnt. Ob die Vollstreckungsschuldner zur fristlosen Kündigung des Pacht- oder Mietvertrages aus wichtigem Grund im Hinblick auf die Unterlassungsverpflichtung der Pächter den Wohnungseigentümern gegenüber (vgl. OLG München, NJW-RR 92, 1492) berechtigt und dann auch verpflichtet waren, oder ob es den Vollstreckungsschuldnern zumutbar war, den Pächtern eine Abfindung gegen Auflösung des Mietvertrages anzubieten, braucht hier nicht entschieden zu werden. Die Vollstreckungsschuldner haben hier weder das eine in die Wege geleitet noch das andere versucht.
Dem Vollstreckungsschuldner muss zwar, auch wenn keine Frist gesetzt ist, eine für die ordnungsgemäße Erfüllung der Unterlassungsverpflichtung erforderliche Zeitspanne zugebilligt werden; notwendige Vorbereitungen dazu sind jedoch ohne schuldhafte Verzögerung zu treffen. Eine Überlegungsfrist, ob sich ein Schuldner dem Titel beugen will, steht ihm nicht zu. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass Pächtern nicht etwa eine angemessene Zeit zur Beendigung ihres Geschäftsbetriebes außerhalb der Ladenöffnungszeiten eingeräumt werden musste.
Die Erwartung eines Schuldners, mit einer Verfassungsbeschwerde gegen eine Unterlassungsverpflichtung der Fachgerichte Erfolg zu haben, kann sein Verschulden bei einer Zuwiderhandlung weder ausschließen noch mindern.
4. Im vorliegenden Fall hielt es der Senat für angemessen, gegen jeden Schuldner ein Ordnungsgeld von 5.000 DM, ersatzweise für je 500 DM Ordnungsgeld 1 Tag Ordnungshaft festzusetzen.
Die Vollstreckungsschuldner wurden auch in die Kosten der sofortigen weiteren Beschwerde verurteilt, der Wert des Gegenstandes der sofortigen weiteren Beschwerde wurde auf 50.000 DM festgesetzt.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 09.03.1995, 2Z BR 10/95= BayObLGZ 1995, Nr. 20)
Zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren