Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 866 ZPO, § 867 ZPO, § 1115 BGB, § 45 GBO, § 15 GBV
Kommentar
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat entschieden:
Bei der Vollstreckung eines Hausgeldtitels zugunsten aller Eigentümer im Wege der Eintragung einer Sicherungshypothek müssen alle Gläubiger nach grundbuchrechtlichen Vorgaben im Grundbuch eingetragen werden.
Sicherungshypotheken aus vollstreckbaren Zahlungstiteln können nur zugunsten aller Eigentümer eingetragen werden, für die auch alle Eintragungsvoraussetzungen erfüllt sind. Im vorliegenden Fall wurden die Titel, aus denen die Zwangsvollstreckung in Form der Eintragung von Sicherungshypotheken betrieben werden sollte ( §§ 866, 867 ZPO), von der Gesamtheit der Eigentümer erwirkt. Hierbei muss nicht nur vollstreckungsrechtlichen Bestimmungen genügt sein. Vielmehr ist die Zulässigkeit der Eintragung auch nach den grundbuchrechtlichen Vorschriften zu prüfen.
Entscheidungserheblich ist im vorliegenden Fall insoweit die Frage, ob mit den Eintragungsunterlagen den Anforderungen in § 1115 BGB, § 45 GBO und § 15 Grundbuchverfügung genügt ist. Der Titel lautete hier auf alle Eigentümer, sodass es nicht darauf ankommen könne, ob statt aller Wohnungseigentümer als Gläubiger (den materiell-rechtlichen Inhabern von Forderung und Hypothek) auch - nur - der Verwalter im Grundbuch eingetragen werden könne, wenn er (als Prozessstandschafter) die Vollstreckungstitel erwirkt habe (verneinend OLG Celle, OLG Köln und LG Aachen; bejahend LG Bochum).
In Fällen vorliegender Art sei es vielmehr einhellige obergerichtliche Rechtsprechung, dass alle Eigentümer als Gläubiger im Sinne von § 1115 BGB bei der Eintragung von Zwangshypotheken aufzuführen seien (BayObLG, OLG Celle, OLG Köln, OLG Hamm).
Selbst wenn man die Forderung der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen eines ihrer Mitglieder nach § 432 BGB beurteilen wollte, ändere dies nichts daran, dass "Gläubiger" im Sinne von § 1115 BGB eben nicht nur der einzelne, Leistung an alle fordernde Gläubiger sei, vielmehr es bei der Forderungszuständigkeit aller Gläubiger verbleibe, die deshalb auch dementsprechend im Grundbuch aufgeführt werden müssten (zur Rechtslage bei einer - hier nicht vorliegenden - "Gesamtgläubigerschaft" nach § 428 BGB, vgl. BGHZ 29, 363).
Auch in der Praxis auftretende Probleme rechtfertigten nicht die Schlussfolgerung, Zwangshypotheken könnten damit nicht mehr als praktikables Vollstreckungsmittel im Wohnungseigentum angesehen werden (so auch Sauren, Anmerkung in RPfl. 88, 527; vgl. auch Deckert in ETW, Gruppe 7, S. 70). Praktikabilitätsgesichtspunkte rechtfertigten ebenfalls nicht die hier von den Antragstellern angestrebte Eintragung aller Gläubiger im Grundbuch. Das BayObLG habe in einem ähnlichen Fall zu Recht darauf hingewiesen, dass Schwierigkeiten praktischer Art bei der Vollstreckung in vergleichbaren Fällen durch eine treuhänderische Forderungsabtretung vermieden werden könnten (vgl. RPfl. 1985, 102, 103).
Ergänzend wird vom Gericht darauf hingewiesen, dass im Rahmen einer nach wie vor zur Diskussion stehenden Gesetzesreform (von 1989) beabsichtigt sei, durch eine Ergänzung von § 26 WEG die Eintragung "der Gemeinschaft" im Grundbuch auch in diesen Fällen zu ermöglichen.
Link zur Entscheidung
( OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.05.1992, 11 W 55/92)
zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren
Anmerkung:
Diese voll und ganz den derzeitigen grundbuchrechtlichen Vorschriften entsprechende Entscheidung erschwert tatsächlich in der Praxis gerade in Großgemeinschaften eine Titelvollstreckung durch Eintragung einer Sicherungshypothek, wenn der Titel auf alle Wohnungseigentümer als Gläubiger lautet. Die Gesetzesreform (Entwurf des Bundesjustizministeriums von 1989), mit der diese Schwierigkeiten beseitigt werden sollen, wird bis zur Realisierung geplanter neuer Bestimmungen wohl doch noch einige Jahre auf sich warten lassen.
Gerade in Großgemeinschaften haben zwar auch dortige Verwalter aktuelle, d. h. vollständige und komplette Eigentümerlisten (mit Namen, Vornamen, Anschriften und anderen persönlichen Daten) zu erarbeiten und bereitzuhalten. Allerdings ändern sich nach bekannter Erfahrung die Eigentumsverhältnisse so rasch, dass solche Listen allenfalls von Versammlung zu Versammlung halbwegs korrekt aktualisiert werden können. Über Eigentumswechsel werden bekanntlich Verwalter nicht unmittelbar von Grundbuch- oder Notarseite informiert. So kann den Anforderungen des Grundbuchrechts an "aktuelle" Gläubigerbezeichnungen oftmals nicht bzw. nicht sofort ohne weitergehende Ermittlungen des Verwalters entsprochen werden. Hinzu kommen dann auch noch bei der Eintragung einer Vielzahl von Gläubigern Probleme bei der Löschungsbewilligung.
Es scheint deshalb rechtlich kein anderer Weg denkbar (will man auf das Vollstreckungsmittel Sicherungshypothek in Großgemeinschaften nicht gänzlich verzichten), als auch der sicher umständlichen Empfehlung des BayObLG zu folgen, dass solche Titel namens einer vielköpfigen Gemeinschaft durch entsprechenden Mehrheitsbeschluss treuhänderi...