Leitsatz
Das Problem dieser Entscheidung war die Frage, welche Vorschriften auf eine nach dem 31.8.2010 begonnenes Vollstreckungsverfahren aus einem Umgangsbeschluss anzuwenden sind, der vor Inkrafttreten des neuen Rechts zum 1.9.2010 ergangen war.
Sachverhalt
Die Antragstellerin hatte mit Schriftsätzen vom 16.12.2009, vom 11.1.2010 und vom 18.2.2010 beantragt, gegen den Antragsgegner wegen Zuwiderhandlung gegen die Umgangsregelung in der Zeit vom 14.8.2009 bis zum 9.1.2010 Zwangshaft festzusetzen und zur Begründung angeführt, der Antragsgegner verweigere ihr nunmehr bereits seit dem 8.5.2009 den unbegleiteten Umgang mit dem gemeinsamen Sohn in vollem Umfang. Auch die Festsetzung von Zwangsgeldern gegen den Antragsgegner haben diesen nicht dazu veranlassen können, seiner Verpflichtung zur Mitwirkung an Umgangskontakten zwischen ihr und dem gemeinsamen Kind nachzukommen. Es sei daher nunmehr die in dem Beschluss vom 12.11.2009 bereits angedrohte Festsetzung von Zwangshaft geboten.
Der Antragsgegner wandte hiergegen ein, die Antragstellerin leide nach wie vor an einer schweren psychischen Störung. Das Kind könne ihr deshalb zur Durchführung unbegleiteter Umgangskontakte nicht überlassen werden. Im Übrigen habe die Kindesmutter ihn am 29.1.2010 gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten regelrecht überfallen und das gemeinsame Kind entführt.
Das AG hat durch Beschluss vom 30.3.2010 gegen den Antragsgegner "Ordnungshaft von bis zu 10 Tagen festgesetzt" und zur Begründung ausgeführt, die Festsetzung sei gemäß § 33 FGG gerechtfertigt.
Hiergegen wandte sich der Antragsgegner mit der sofortigen Beschwerde und machte geltend, die Festsetzung von Ordnungshaft komme schon deshalb nicht in Betracht, weil das seit dem 1.9.2009 geltende Recht anzuwenden sei und die gemäß § 89 Abs. 2 FamFG erforderliche Belehrung über die Folgen eines Verstoßes gegen die Umgangsregelung fehle.
Das Rechtsmittel des Antragsgegners hatte Erfolg.
Entscheidung
Das OLG hielt das Rechtsmittel des Antragsgegners für zulässig und auch begründet.
Die Zulässigkeit und das weitere Beschwerdeverfahren beurteilten sich nach dem ab dem 1.9.2009 geltenden Verfahrensrecht, da sich auf das Verfahren der ersten Instanz nach neuem Recht richte. Dies ergebe sich aus folgenden Erwägungen:
Nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG fänden auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden seien oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen beantragt worden sei, weiter die vor Inkrafttreten des FamFG geltenden Vorschriften Anwendung. Demgegenüber gelte neues Recht, soweit die Verfahren nach dem Inkrafttreten des FamFG, also nach dem 30.8.2009 eingeleitet worden seien. Dieser Fall liege hier vor, da die Anträge der Antragstellerin auf die Festsetzung von Zwangsgeld bzw. Ordnungshaft vom 16.12.2009, 11.1.2010 und 18.2.2010 datierten.
Das erst im Dezember 2009 eingeleitete Verfahren auf Festsetzung von Ordnungshaft stelle ein selbständiges Verfahren i.S.d. Art. 111 Abs. 2 FamFG-RG dar.
Auch in der Sache habe die zulässige Beschwerde des Antragsgegners Erfolg. Die Festsetzung von Zwangsgeld gemäß § 33 FGG a.F. komme wegen der Anwendung der neuen Verfahrensvorschriften nicht mehr in Betracht.
Gemäß § 89 Abs. 1 FamFG könne zur Regelung des Umgangs ggü. dem Verpflichteten Ordnungsgeld und Ordnungshaft angeordnet werden. § 89 Abs. 1 S. 2 FamFG sehe ausdrücklich vor, dass Ordnungshaft angeordnet werden könne, wenn die Anordnung eines weiteren Ordnungsgeldes keinen Erfolg verspreche.
Allerdings sehe die Vorschrift des § 89 Abs. 2 FamFG vor, dass in dem Beschluss, der die Regelung des Umgangs angeordnet habe, auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hinzuweisen sei. Ordnungsgeld und Ordnungshaft könnten mithin erst dann festgesetzt werden, wenn der Verpflichtete auf die Möglichkeit der Festsetzung dieser Ordnungsmittel zuvor hingewiesen worden sei. Dieser Hinweis sei im vorliegenden Fall nicht erfolgt und auch nicht bereits deshalb entbehrlich, weil das Familiengericht in dem Beschluss vom 12.11.2009 bereits die Verhängung von Zwangshaft angedroht habe und die Beschwerde des Antragsgegners gegen diese Entscheidung zurückgewiesen worden sei.
Die Androhung von Zwangshaft nach altem Recht mache die erneute Androhung von Ordnungshaft gemäß § 89 Abs. 2 FamFG nicht entbehrlich (ebenso: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19.2.2010, Az.: 5 WF 28/10, recherchiert in juris, Rz. 35; Götz, a.a.O.; Keidel, a.a.O., § 89 Rz. 12; Zöller, a.a.O., § 89, FamFG, Rz. 8).
Link zur Entscheidung
OLG Koblenz, Beschluss vom 10.06.2010, 13 WF 326/10