Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 2 WEG, § 1004 BGB
Kommentar
1. Weicht die tatsächliche Bauausführung vom Aufteilungsplan in der Abgrenzung zwischen zwei Sondereigentumseinheiten ab, so kann der beeinträchtigte Wohnungseigentümer von dem anderen Eigentümer grds. die Mitwirkung bei der Herstellung eines erstmaligen ordnungsgemäßen Zustands nach dem Aufteilungsplan verlangen.
2. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, welche sachenrechtlichen Rechtsfolgen sich ergeben, wenn - wie hier- die tatsächliche Bauausführung vom Aufteilungsplan in der Abgrenzung von Sondereigentum zu fremdem Sondereigentum abweicht (vgl. hierzu insbesondere OLG Düsseldorf, NJW-RR 88, 590; Röll, WE 91, 340). So wird die Auffassung vertreten, dass jeder Erwerber das Wohnungseigentum so erwirbt, wie es rechtlich nach dem Teilungsplan, nicht wie es tatsächlich nach der Bauausführung besteht.
Nach anderer Auffassung entsteht bei unwesentlichen oder geringfügigen Abweichungen des tatsächlichen Bauzustands vom Aufteilungsplan Sondereigentum im Rahmen der planwidrigen Bebauung; der Aufteilungsplan ist insoweit entsprechend zu berichtigen (OLG Celle, OLGZ 81, 106/108; OLG Karlsruhe, DNotZ 73, 235/237).
Bei wesentlichen Abweichungen soll insbesondere dann, wenn Räumlichkeiten gar nicht vorhanden sind oder die tatsächlich errichteten Räume dem Teilungsplan nicht zugeordnet werden können, Sondereigentum überhaupt nicht entstehen (OLG Hamm, Rechtspfleger 1986, 374/376).
Diese sachenrechtliche Rechtslage kann allerdings im vorliegenden Fall offen bleiben, da grundsätzlich jeder Eigentümer von den übrigen Eigentümern nach § 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 2 WEG die Mitwirkung bei der Herstellung eines erstmaligen ordnungsgemäßen Zustandes der Wohnanlage entsprechend dem Aufteilungsplan und den Bauplänen verlangen kann. Besteht wie hier nur Streit zwischen zwei benachbarten Wohnungseigentümern über die Abgrenzung ihres Sondereigentums, so kann der eine Eigentümer den Anspruch auf Herstellung eines plangemäßen Zustands gegen den anderen allein richten. Im vorliegenden Fall war der Anspruch auch begründet, weil der strittige Raum nach dem Aufteilungsplan dem Antragsteller gehörte.
Allerdings kann ein solcher Anspruch nicht selten daran scheitern, dass eine Korrektur nur durch tiefgreifende Eingriffe in das Bauwerk verwirklicht werden könnte, etwa bei einer Versetzung von tragenden Wänden. Der Anspruch findet deshalb seine Grenze in dem Rechtsgedanken des § 242 BGB (Grundsatz von Treu und Glauben). Herstellung nach Plan kann demgemäß dann nicht verlangt werden, wenn dies dem Gegner bei Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben nicht zumutbar ist (BayObLGZ 1989, 470/ 473). Von dieser Ausnahme konnte im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden.
Der Anspruch war auch nicht verwirkt. Von der Verwirkung eines Rechts ist dann auszugehen, wenn es der Berechtigte längere Zeit nicht geltend macht und der Verpflichtete sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen wird (Zeit- und Umstandsmoment). Allein durch Untätigkeit im vorliegenden Fall in den Jahren 1983 bis 1989 konnte die Rechtsvorgängerin des Antragstellers bei der Antragsgegnerin nicht das Vertrauen erwecken, sie werde sich auf Dauer mit einer vom Aufteilungsplan abweichenden Abgrenzung der beiden Wohnungen abfinden; ein derartiges Vertrauen hätte allenfalls durch positive Handlungen oder Äußerungen der Rechtsvorgängerin des Antragstellers entstehen können (BayObLG, WuM 93, 558).
3. Im vorliegenden Fall hafte die Antragsgegnerin als sog. Zustandstörerin; Zustandstörer sei der, der - wie hier - eine störende Anlage halte und deren Beseitigung von seinem Willen abhänge; der Zustandstörer hafte originär, also unabhängig davon, ob er selbst oder ein Dritter den störenden Zustand geschaffen habe. Die Antragsgegnerin schulde im vorliegenden Fall aber auch dann die Beseitigung der hier streitgegenständlichen Wohnungseingangstüre, wenn ein Fall der sog. Handlungsstörung vorläge (vgl. dazu KG Berlin, WE 91, 328). In diesem Fall treffe die Antragsgegnerin als Gesamtrechtsnachfolgerin des gegen ihren verstorbenen Ehemann bestehenden Anspruchs auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Im Fall der Gesamtrechtsnachfolge hafte deshalb ein Rechtsnachfolger für einen gegen den Rechtsvorgänger als Handlungsstörer gerichteten Wiederherstellungsanspruch. Die Anspruchstellung widerspreche auch nicht Treu und Glauben (hinsichtlich der Versetzung einer Trennwand).
4. Ein Wohnungseigentümer könne einen Unterlassungsanspruch nur dann auf öffentlich-rechtliche Vorschriften stützen, wenn es sich dabei um eine drittschützende Norm handle, die jedenfalls auch seinen Schutz bezwecke (BayObLG, NJW-RR 1996, 463). Ein solcher Fall liege hier vor, da es im Wesentlichen um Feuer- und Schallschutzvorschriften gehe. Im Fall der Neuerrichtung der Trennwand werde deshalb zu beachten sein, dass sie den genannten öffent...