Leitsatz
Im Rahmen eines Kaufvertrags, der vorsieht, dass der Händler das Fahrzeug entsprechend der vom Käufer bestimmten Verwendung mit Zulassung zu einem Preis liefert, der die von ihm vor der Lieferung entrichtete Zulassungsabgabe für neue Kraftfahrzeuge umfasst, fällt diese Abgabe, deren Entstehungstatbestand nicht die Lieferung, sondern die erste Zulassung des Fahrzeugs im Inland ist, nicht unter den Begriff der Steuern, Zölle, Abschöpfungen und Abgaben im Sinne von Artikel 11 Teil A Absatz 2 Buchstabe a der 6. EG-Richtlinie. Eine solche Abgabe stellt einen Betrag dar, den der Steuerpflichtige vom Fahrzeugkäufer als Erstattung der in dessen Namen und für dessen Rechnung verauslagten Beträge im Sinne von Absatz 3 Buchstabe c dieser Bestimmung erhält.
Problematik
In Dänemark ist es beim Kauf eines Kraftfahrzeugs von einem Vertriebshändler üblich, dass der Händler vor der Lieferung des Fahrzeugs im Namen des Käufers für die Zulassung des Fahrzeugs die Fahrzeugkennzeichen besorgt. Auf die Zulassung wird eine (progressive) Abgabe erhoben, die nach dem Fahrzeugpreis einschließlich MwSt, aber ohne diese Abgabe bemessen wird.
Im Streitfall war auf der Rechnung für den Kauf des Fahrzeugs ein Gesamtpreis angegeben, der sich zusammensetzt aus dem vom Händler verlangten Betrag ohne MwSt und Zulassungsabgabe, die übliche MwSt von 25 % des Fahrzeugpreises und die Zulassungsabgabe auf die Summe der beiden erstgenannten Posten.
Der Kunde war der Ansicht, dass diese Berechnungsweise gegen Artikel 11 Teil A der 6. EG-Richtlinie verstoße und die MwSt nach dem Gesamtpreis des Fahrzeugs einschließlich der Zulassungsabgabe zu bemessen sei.
Im anschließenden Finanzrechtsstreit wurden dem EuGH Auslegungsfragen dazu vorgelegt, ob eine Zulassungsabgabe, wenn der Händler das Fahrzeug gemäß dem Kaufvertrag und der vom Käufer beabsichtigten Nutzung mit Zulassung zu einem diese Abgabe umfassenden Preis liefert, als Abgabe im Sinne von Artikel 11 Teil A Absatz 2 Buchstabe a der 6. EG-Richtlinie in die Besteuerungsgrundlage eingehen muss oder vielmehr nach Absatz 3 Buchstabe c dieser Bestimmung von dieser auszunehmen ist.
Konsequenzen für die Praxis
Die vom Kunden (der Klägerin des Verfahrens) vertretene Auffassung war ersichtlich von ihrem Interesse getragen, die gesamte in der Rechnung des Händlers ausgewiesene MwSt als Vorsteuer abziehen zu können und damit den gesamten Nettopreis des Geschäfts zu mindern. Damit hatte er keinen Erfolg, weil die Abgabe zutreffend als durchlaufender Posten i. S. v. Art. 11 Teil A Abs. 3 Buchst. c berechnet worden war.
Zwar können nach Art. 11 Teil A Absatz 2 Buchstabe a der 6. EG-Richtlinie in die Besteuerungsgrundlage die Steuern, Zölle, Abschöpfungen und Abgaben mit Ausnahme der Mehrwertsteuer selbst einbezogen werden. Diese Voraussetzungen lagen aber nicht vor. Wie der EuGH klarstellt, müssen diese Positionen, damit sie in die Bemessungsgrundlage eingehen können, obwohl sie keinen Mehrwert darstellen und nicht die wirtschaftliche Gegenleistung für die Lieferung des Gegenstands darstellen, in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser Lieferung stehen.
Der Entstehungstatbestand der Zulassungsabgabe ist aber nicht die Lieferung des Fahrzeugs, sondern dessen erste Zulassung im dänischen Staatsgebiet; sie hängt unmittelbar mit dieser zusammen. Dass die Zulassungsabgabe in dem Betrag enthalten ist, der dem Käufer bei Lieferung des Fahrzeugs in Rechnung gestellt wird, ändert daran nichts.
Der Vertriebshändler ist gegenüber den Steuerbehörden für die Entrichtung der Zulassungsabgabe verantwortlich. Schuldner dieser Abgabe ist jedoch der Käufer des Fahrzeugs. Die Inrechnungstellung gegenüber dem Käufer dient demnach der Erstattung der vom Händler im Namen und für Rechnung dieses Käufers verauslagten Beträge und nicht als Gegenleistung für den gelieferten Gegenstand. Eine solche Abgabe kann somit in der Buchführung des Händlers nur als durchlaufender Posten im Sinne von Art. 11 Teil A Absatz 3 Buchstabe c der 6. EG-Richtlinie betrachtet werden.
Das Verfahren zeigt allerdings, dass die Erhebung von Abgaben auf andere Steuern (wie auch auf die MwSt) im nicht harmonisierten Bereich von Abgaben weitgehend möglich ist. Für die Erhebung von MwSt auf andere Steuern/Abgaben, die in die Bemessungsgrundlage einer Leistung einbezogen werden können, bilden die EuGH-Grundsätze hoffentlich eine nützliche Schranke.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil v. 1.6.2006, C-98/05, - De Danske Bilimportører -, BFH/NV Beilage 2006 S. 436.