Leitsatz
Der Bundesgerichtshof hat die Zurückweisung einer Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil eines Oberlandesgerichtes zum Anlass genommen, noch einmal ausdrücklich daraufhin hinzuweisen, dass entgegen dem scheinbaren Gesetzeswortlaut in § 314 Abs. 2 BGB, eine Abmahnung vor der Kündigung des Organmitglieds einer Kapitalgesellschaft nicht notwendig ist.
Hinweis
§ 314 Abs. 2 BGB formuliert den allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass bei auf Dauer angelegten Verträgen nicht jede Vertragsverletzung gleich zur Kündigung berechtigt, sondern dass in jedem Falle dem Betroffenen zunächst die Gelegenheit gegeben werden muss, die Vertragsverletzung abzustellen oder er abgemahnt werden muss, damit er weiß, dass solche Vertragsverletzungen als Grund für eine Kündigung angesehen werden. Allerdings verweist § 314 Abs. 2 BGB auf § 323 Abs. 2 BGB, der unter bestimmten Umständen eine Abmahnung entbehrlich macht, dann z. B., "wenn der Betroffene an der Vertragsverletzung festhält, nicht an ihrer Beseitigung mitwirkt oder besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen eine sofortige Kündigung rechtfertigen". Damit ist klar, dass bei besonders schwerwiegenden Vertragsverletzungen, die ein Festhalten am Vertrag unzumutbar machen, in jedem Falle ohne eine entsprechende Abmahnung gekündigt werden kann.
Nach feststehender Rechtsprechung gilt die Abmahnungsverpflichtung bei organschaftlichen Vertretern einer Kapitalgesellschaft aber sowieso nicht. Die Abmahnung dient dazu, dem Vertragspartner vor Augen zu führen, dass ein solcher Verstoß vom Arbeitgeber nicht hingenommen wird. Ist aber der Betroffene selbst der Arbeitgeber, so kann man von ihm schwerlich verlangen, dass er sich selbst darauf hinweist, dass er als Arbeitgeber ein solches Verhalten nicht hinzunehmen bereit sei. Die Arbeitgeberfunktion schließt das Abmahnerfordernis aus. Diese Tatsache, dass ein Arbeitgeber sich selbst nicht abmahnen kann, wird von der Rechtsprechung als besonderer Umstand angesehen, der eine Kündigung auch ohne Abmahnung möglich machte (§ 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Das hat der Bundesgerichtshof hier noch einmal bestätigt.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 02.07.2007, II ZR 71/06
Fazit:
Organschaftlichen Vertretern von Kapitalgesellschaften - wie Geschäftsführern von GmbHs und Vorständen von Aktiengesellschaften - kann bei Vertragsverletzungen, die grundsätzlich eine Kündigung rechtfertigen, auch ohne Abmahnung gekündigt werden.