Leitsatz
Die Parteien hatten mehrere Jahre in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt und stritten um das Umgangsrecht des Vaters mit den in den Jahren 1999 und 2002 geborenen gemeinsamen Kindern. Zwischen den Parteien war die Vaterschaft hinsichtlich des jüngeren Kindes streitig. Der Antragsteller hatte die Vaterschaft am 27.1.2005 anerkannt, die Antragsgegnerin hatte jedoch ihre Zustimmung hierzu verweigert. Der Antragsteller hatte daraufhin Vaterschaftsfeststellungsklage erhoben.
Im Januar 2005 beantragte der Antragsteller die Regelung des Umgangsrechts mit beiden Kindern.
Das Gericht ordnete mit Beschluss zunächst im Wege der einstweiligen Anordnung den Umgang des Antragstellers mit beiden Kindern dahingehend an, dass er bis zu einer Hauptsacheentscheidung befugt sein sollte, die Kinder jedes zweite Wochenende zu sich zu nehmen.
In der Folgezeit kam es wegen erheblicher Differenzen zwischen den Eltern nicht zur Durchführung des Umgangs. Die Kindesmutter beantragte die Aufhebung der vorläufigen Besuchsregelung bzw. eine Änderung dahingehend, dass zunächst nur ein begleiteter Umgang erfolgen sollte.
Der Antragsteller beantragte zunächst die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen die Mutter und sodann, ihm die elterliche Sorge für beide Kinder zu übertragen. Zur Begründung seines Antrages führte er aus, die Kinder hätten wegen der beharrlichen Weigerung der Kindesmutter, ihm den Umgang zu gewähren, bereits erheblichen Schaden davongetragen. Die Kindesmutter missbrauche ihre elterliche Sorge, sie sei ihr daher zu entziehen.
Für die Kinder wurde daraufhin eine Verfahrenspflegerin bestellt und im Termin zur mündlichen Anhörung im April 2005 eine Umgangsvereinbarung protokolliert und familiengerichtlich genehmigt.
In der Folgezeit beantragte der Antragsteller, die Vereinbarung aufzuheben, an die die Kindesmutter sich nicht halte. Die Kindesmutter hatte zwischenzeitlich eingewandt, dem Antragsteller stehe ein Besuchsrecht nicht zu, da beide Kinder nicht von ihm abstammten.
Mit Beschluss aus dem Monat Juni 2005 hat das FamG das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder vorläufig dem zuständigen Jugendamt übertragen.
Gegen diese Entscheidung hat die Kindesmutter ein Rechtsmittel eingelegt und damit begründet, der Beschluss sei ohne rechtliche Grundlage ergangen. Der Antragsgegner trat der Beschwerde entgegen.
Das Rechtsmittel der Kindesmutter hatte Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hob den erstinstanzlichen Beschluss, mit dem das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder auf das Jugendamt übertragen worden war, ersatzlos auf.
Der angefochtenen Entscheidung könne mangels Begründung nicht einmal entnommen werden, ob die Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Anordnung vorgelegen hätten. Es könne daher nicht geprüft werden, von welchen Erwägungen das erstinstanzliche Gericht sich in seiner Entscheidung habe leiten lassen, insoweit seien allenfalls Vermutungen möglich. Der Akteninhalt jedenfalls rechtfertige die getroffene Entscheidung nicht.
Das erstinstanzliche Gericht habe im Umgangsverfahren ohne mündliche Verhandlung und ohne sonstige - auch nur schriftliche - Anhörung der Parteien und der Kinder der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil der elterlichen Sorge entzogen, ohne seine Entscheidung zu begründen. Es habe mit diesem Vorgehen eine verfahrensfehlerhafte Entscheidung getroffen und das verfahrensrechtliche Grundrecht der Kindesmutter auf Gewährung rechtlichen Gehörs in ungewöhnlich eklatanter Weise verletzt. Die fehlende Begründung der Entscheidung stelle einen weiteren schwerwiegenden Verfahrensfehler dar.
Nach dem derzeitigen Sachstand komme ein vorläufiger Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts im Übrigen nicht in Betracht. Die Frage, ob die Kindesmutter den Umgang vereitelt habe oder dieser aus anderen Gründen gescheitert sei, sei zwischen den Parteien höchst streitig. Nach der Stellungnahme des zuständigen Jugendamts seien die Streitigkeiten der Eltern mittlerweile derart eskaliert, dass die hierdurch extrem belasteten Kinder sich inzwischen weigerten, Umgang mit dem Antragsteller zu pflegen.
Zur Verhinderung einer Kindeswohlgefährdung sei es weder verhältnismäßig noch erforderlich, der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entziehen. Bei § 1666 BGB handele es sich um eine Konkretisierung des staatlichen Wächteramtes des Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG, die nur dann Anwendung finden dürfe, wenn der Schutz des Kindes einen Eingriff in den Kern der Personensorge der Eltern verlange.
Dies setze jedoch sowohl eine Kindeswohlgefährdung voraus als auch ein dringendes Bedürfnis für ein unverzügliches Einschreiten, das ein Abwarten bis zur Beendigung notwendiger Ermittlungen nicht gestatte. Eine Kindeswohlgefährdung durch das Verhalten der Kindesmutter sei von dem erstinstanzlichen Gericht nicht festgestellt worden. Der bisherige Verfahrensverlauf lasse auch nicht erkennen, dass mildere Mittel als der teilweise Entzug des Sorgerechts in Betracht gezogen worden...