Leitsatz
Nach Abtrennung aus dem Verbund hat das FamG den Versorgungsausgleich mit der Begründung ausgeschlossen, seine Durchführung zu Lasten der Ehefrau sei grob unbillig.
Die Parteien hatten während der Ehezeit unterschiedlich hohe Anwartschaften auf Altersversorgung erworben. Die Ehefrau hatte Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung (Ost) i.H.v. monatlich 564,98 EUR erworben, der Ehemann lediglich i.H.v. 352,22 EUR monatlich. Es bestand ein Wertunterschied von 212,76 EUR.
Gegen die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts zum Versorgungsausgleich legte der Ehemann Beschwerde ein, die erfolgreich war.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Durchführung des Versorgungsausgleichs - anders als das erstinstanzliche Gericht - nicht für grob unbillig. Dies unter Hinweis auf die grundlegenden Entscheidungen des BVerfG und des BGH hierzu (BVerfGE 53, 257, und BVerfGE 66, 324, und BGH in FUR 2002, 86 m.w.N.). Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 GG schütze die Ehe als eine Lebensgemeinschaft gleichberechtigter Partner. Die Ehegatten könnten danach ihre persönliche und wirtschaftliche Lebensführung in gemeinsamer Verantwortung bestimmen und dabei insbesondere selbstverantwortlich darüber entscheiden, wie sie untereinander die Familien- und Erwerbsarbeit aufteilen wollten. Dabei seien die jeweiligen Leistungen, die die Ehegatten im Rahmen ihrer innerfamiliären Arbeitsteilung erbringen, als grundsätzlich gleichwertig anzusehen. Haushaltsführung und Kinderbetreuung hätten für das gemeinsame Leben der Ehepartner keinen geringeren Wert als das Erwerbseinkommen des berufstätigen Ehegatten.
Hieraus folge, dass die während der Ehe nach Maßgabe der von den Ehegatten vereinbarten Arbeitsteilung erwirtschafteten Versorgungsanrechte nach der Scheidung gleichmäßig auf beide Partner aufgeteilt werden müssten.
Der Versorgungsausgleich diene ebenso wie der Zugewinnausgleich der Aufteilung von gemeinsam erwirtschaftetem Vermögen der Eheleute, dass nur wegen der in der Ehe gewählten Aufgabenverteilung einem der Ehegatten rechtlich zugeordnet worden ist.
Die Härtefallklausel des § 1587c Nr. 1 BGB habe die Funktion eines Gerechtigkeitskorrektivs. Sie solle als Ausnahmeregelung eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Entscheidung in solchen Fällen ermöglichen, in denen die schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs zur "Prämierung" einer groben Verletzungen der aus der ehelichen Gemeinschaft folgenden Pflichten führen (BVerfG v. 28.2.1980 - 1 BvL 17/77, 1 BvL 7/78, 1 BvL 9/78, 1 BvL 14/78, 1 BvL 15/78, 1 BvL 16/78, 1 BvL 37/78, 1 BvL 64/78, 1 BvL 74/8, 1 BvL 78/78, 1 BvL 100/78, 1 BvL 5/79, 1 BvL 16/79, 1 BvR 807/78, BVerfGE 53, 257 [298] = MDR 1980, 469). Die Vorschrift des § 1587c Nr. 1 BGB könne nicht dazu herhalten, jegliches eheliches Fehlverhalten durch einen Ausschluss oder eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs zu sanktionieren. Ihre Auslegung habe sich vielmehr an der gesetzgeberischen Zielsetzung des Versorgungsausgleichs insgesamt zu orientieren. Das Vorliegen einer groben Unbilligkeit müsse sich - wie auch der Wortlaut des § 1587c Nr. 1 BGB zeige - aus den beiderseitigen Verhältnissen der Eheleute ergeben. Es bedürfe daher einer Würdigung aller Umstände, die die Verhältnisse der Eheleute in Ansehung des Versorgungsausgleichs prägen. Nur wenn die Durchführung des Versorgungsausgleichs unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände, wozu bei atypischen Vermögenslagen auch eine anderweitige Sicherung des Ausgleichsberechtigten bei besonderer Bedürftigkeit des Verpflichteten gehören könne, zu einem insgesamt nicht mit dem Grundsatz der hälftigen Berechtigung der Eheleute am gemeinsam in der Ehezeit erwirtschafteten Vermögen entsprechenden Ergebnis führe, könne die Härtefallklausel zur Vermeidung grundrechtswidriger Ergebnisse herangezogen werden.
Der Umstand der Kindesbetreuung durch einen Elternteil und die Führung des Haushaltes sei ein wichtiger Gesichtspunkt. Nur durch diese Arbeitsteilung werde es dem Ehemann überhaupt möglich, die Anwartschaften in dem vorhandenen erheblichen Vermögen zu erwerben. Auf ein Vertrauen und dessen Schutzwürdigkeit komme es beim Versorgungsausgleich nicht an, zumal Verschuldensmomente nach der Eherechtsreform im geltenden Eherecht Berücksichtigung nicht mehr finden.
Auch eine "innere Abwendung" eines Ehegatten ist im Rahmen des Versorgungsausgleichs unerheblich, da dieser nicht als Belohnung für eheliche Treue dienen, sondern die Abwicklung und Aufteilung einer Vermögensgemeinschaft bewirken soll (BVerfG v. 20.5.2003 - 1 BvR 237/97, FamRZ 2003, 1173 ff.).
Link zur Entscheidung
OLG Naumburg, Beschluss vom 14.10.2005, 8 UF 167/05