Leitsatz
Das sog. vereinfachte Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger gemäß §§ 249 FamFG bereitet in der Praxis wegen der hierbei umfangreich einzuhaltenden Formalien häufig Schwierigkeiten. Eben hiermit - insbesondere mit den Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Einwandes fehlender Leistungsfähigkeit - beschäftigt sich das OLG Celle in dieser Entscheidung.
Sachverhalt
Der Antragsgegner ist der Vater eines im Jahre 2006 geborenen Sohnes, der im Haushalt seiner Mutter lebt und während des verfahrensgegenständlichen Zeitraum seit 1.7.2010 von dem antragstellenden Land (dem Antragsteller) Leistungen nach dem UVG erhielt.
Der Antragsteller hat aus übergegangenem Recht wegen gewährter Leistungen nach dem UVG den Antragsgegner als Kindesvater auf Festsetzung von Unterhalt im vereinfachten Verfahren i.H.v. 100 % des Mindestunterhalts in Anspruch genommen.
Nach Zustellung des Antrages hat der Antragsgegner den Vordruck "Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt" eingereicht und zusätzlich mit gesondertem Schreiben erklärt, es sei ihm "somit zurzeit nicht möglich, Unterhalt zu entrichten". Der Antragsteller hatte seinem Schreiben eine Kopie der ersten Seite eines vorläufigen Bescheides über die "Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts" beigefügt.
In dem Vordruck waren außer der Angabe des Aktenzeichens sowie des Datums und der Unterschrift lediglich die Einwände "A" ("Das vereinfache Verfahren ist nicht zulässig") und "G" ("Ich kann den verlangten Unterhalt nicht oder nicht in voller Höhe zahlen") angekreuzt.
Im zweiten und dritten Abschnitt hatte der Antragsgegner keinerlei Angaben gemacht.
Mit Schreiben vom 23.8.2011 hat die Rechtspflegerin dem Antragsgegner den Einwendungsbogen unter zweiwöchiger Fristsetzung zurückgesandt und ihn ausdrücklich u.a. darauf hingewiesen, dass der Einwand fehlender Leistungsfähigkeit nur zulässig sei, wenn im dritten Abschnitt ein Betrag für die Höhe der Bereitschaft zur Zahlung von Unterhalt - der ggf. auch "0" lauten könne - angegeben sei und der zweite Abschnitt vollständig ausgefüllt werde. Zudem seien etwaige Einwände gegen die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens näher zu begründen.
Auf diesen Hinweis ergänzte der Antragsteller seine Angaben und gab als Einwand "H" an, aufgrund des ALG II-Bezuges nicht zur Leistung der Verfahrenskosten bereit zu sein. Im zweiten Abschnitt zu seinen Einkommensverhältnissen kreuzte er nunmehr in dem Vordruck die Alternative 2 an, wonach er Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielte, beantwortete dazu die Detailfrage 1 mit "0", sämtliche weitere Einkunftsarten einschließlich der Alternative 6 verneinte er.
Im dritten Abschnitt nahm der Antragsgegner weiterhin keinerlei Eintragungen vor. Er übersandte dem AG mit der Rücksendung des beanstandeten Einwendungsbogens auch keinerlei weitere Anlagen.
Das AG hat den Unterhalt in der beantragten Höhe durch Beschluss festgesetzt. Die hiergegen von dem Antragsgegner eingelegte Beschwerde blieb erfolglos.
Entscheidung
Das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Das AG sei im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die erhobene Einwendung fehlender Leistungsfähigkeit der beantragten Unterhaltsfestsetzung im Streitfall nicht entgegenstehe.
Dies beruhe allerdings nicht - wie vom AG angenommen - entscheidend darauf, dass der Antragsgegner im dritten Abschnitt des Einwendungsvordrucks keine Eintragung vorgenommen habe. Durch die ausdrückliche Ansage im Begleitschreiben, es sei ihm "zurzeit nicht möglich, Unterhalt zu entrichten", habe er sich insoweit ausreichend erklärt.
Der Antragsgegner sei allerdings seiner Auskunfts- und Belegpflicht aus § 252 Abs. 2 S. 3 FamFG nicht ausreichend nachgekommen. So habe er nur unvollständige Angaben über Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und zum ALG II-Bezug gemacht und trotz Hinweises des AG auch keinerlei Belege eingereicht. Darauf könne allerdings auch im Rahmen des auf größtmögliche Beschleunigung ausgerichteten schematisierten vereinfachten Verfahrens nicht verzichtet werden (BGH in FamRZ 2008, 1428 ff.).
Link zur Entscheidung
OLG Celle, Beschluss vom 14.03.2012, 10 UF 252/11