A. Gesetzliche Regelung

 

Rz. 1

Im Gegensatz zur früheren Regelung der BRAGO ist die Vergütung des Anwalts in Bußgeldsachen im RVG gesondert geregelt (VV Teil 5). Das RVG beschränkt sich also nicht darauf, pauschal auf die Vergütung in Strafsachen zu verweisen, wie dies nach der BRAGO noch der Fall war (§ 105 BRAGO). Vielmehr enthält das VV gesonderte eigenständige Regelungen, die in zahlreichen Punkten entscheidend von der Vergütung in Strafsachen abweichen.

 

Rz. 2

Insbesondere ist damit auch die Streitfrage geklärt, ob für Bußgeldverfahren der gleiche Gebührenrahmen gilt wie für Strafsachen. Für Bußgeldsachen ist ein von den Strafsachen völlig unabhängiger eigener Gebührenrahmen vorgesehen. Darüber hinaus sind die Gebührenrahmen im vorbereitenden Verfahren und im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren nach Höhe des Bußgeldes gestaffelt.

 

Rz. 3

VV Teil 5 ist in zwei Abschnitte aufgeteilt:

Abschnitt 1 beinhaltet die Gebühren des Verteidigers,
Abschnitt 2 regelt Einzeltätigkeiten.

Gesonderte Gebühren für Tätigkeiten anlässlich der Vollstreckung eines Bußgeldes (z.B. Antrag auf Ratenzahlung) oder einer Nebenfolge (z.B. Fahrverbot) enthalten die Vorschriften des VV Teil 5 im Gegensatz zu VV Teil 4 nicht. Insoweit ist daher auf die Vergütung für Einzeltätigkeiten zurückzugreifen (VV 5200).

B. Auslagen

 

Rz. 4

Auch im Bußgeldverfahren erhält der Anwalt seine Auslagen gesondert. Die Postentgeltpauschale (VV 7002) beträgt 20 %; es gilt auch hier die Höchstgrenze von 20 EUR.

C. Haftzuschlag, Überschreitung des Gebührenrahmens

 

Rz. 5

Ein Haftzuschlag, wie er sich nach früherem Recht über die Verweisung des § 105 Abs. 1 BRAGO auf § 83 Abs. 3 BRAGO ergab, gibt es im RVG nicht mehr. Im Gegensatz zu den Gebühren nach VV Teil 4 (VV Vorb. 4 Abs. 4) ist ein Zuschlag nicht vorgesehen. Umfang und Schwierigkeit, die sich ergeben, wenn sich der Mandant nicht auf freiem Fuß befindet, sind über § 14 Abs. 1 bei der Bemessung der Gebühren zu berücksichtigen.

 

Rz. 6

Ebenso wie in Strafsachen ist eine Überschreitung des Gebührenrahmens bei Tätigkeiten, die sich auf Fahrverbot oder Entziehung der Fahrerlaubnis erstrecken, nicht mehr möglich. Die frühere Vorschrift des § 88 S. 3 BRAGO findet im RVG keine Fortsetzung.

D. Abgrenzung zum Strafverfahren

 

Rz. 7

Die frühere Streitfrage, ob Straf- und Bußgeldverfahren zwei verschiedene Angelegenheiten sind oder als dieselbe Angelegenheit gelten, ist nunmehr geklärt. Nach § 17 Nr. 10 Buchst. b) gelten das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und ein sich nach dessen Einstellung anschließendes Bußgeldverfahren als zwei verschiedene Angelegenheiten.

 

Rz. 8

Umgekehrt gilt das Gleiche. Wird zunächst ein Bußgeldverfahren eingeleitet und dann später als Strafverfahren übernommen, liegen ebenfalls zwei Angelegenheiten vor. Dies ist zwar ausdrücklich nicht geregelt, folgt aber aus der Anrechnungsvorschrift in Anm. Abs. 2 zu VV 4100.

 

Rz. 9

Der Verteidiger kann daher in Bußgeld- und Strafverfahren die Gebühren mit Ausnahme der Grundgebühr, für die gesonderte Bestimmungen vorgesehen sind (Anm. Abs. 2 zu VV 4100; Anm. Abs. 2 zu VV 5100), jeweils gesondert verdienen.

E. Pauschgebühr

 

Rz. 10

Auch in Bußgeldsachen kommt die Bewilligung einer Pauschgebühr in Betracht, und zwar sowohl für den Wahlanwalt (§ 42 Abs. 5) als auch für den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Anwalt (§ 51 Abs. 6). Das gilt nicht nur im gerichtlichen Verfahren, sondern auch im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde (§ 51 Abs. 6 S. 1). Siehe hierzu im Einzelnen die Kommentierungen zu §§ 42 und 51.

F. Inanspruchnahme des Beschuldigten

 

Rz. 11

Der in einem Bußgeldverfahren gerichtlich bestellte oder beigeordnete Anwalt kann den Betroffenen unmittelbar in Anspruch nehmen, wenn diesem ein Erstattungsanspruch gegen die Staatskasse zusteht oder das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag des Verteidigers feststellt, dass der Beschuldigte ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie notwendigen Unterhalts zur Zahlung oder zur Leistung von Raten in der Lage ist (§ 52). Siehe insoweit die Kommentierung zu § 52.

G. Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs

 

Rz. 12

Auch im Bußgeldverfahren ist die Vorschrift des § 43 zu beachten. Eine Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs ist gegenüber einer Aufrechnung der Staatskasse gemäß § 43 nur insoweit beachtlich, als zum Zeitpunkt der Aufrechnung eine Urkunde über die Abtretung oder Anzeige des Betroffenen über die Abtretung in den Akten vorliegt.

H. Erinnerung oder Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss oder den Kostenansatz

 

Rz. 13

Im Verfahren über die Erinnerung oder Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss gilt das Gleiche wie in Strafsachen, also dass auf die Gebühren nach VV Teil 3 verwiesen wird (VV Vorb. 5 Abs. 4), insbesondere auf VV 3500. Siehe hierzu ausführlich auch die Kommentierung zu VV Vorb. 4 Abs. 5.

I. Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Kostenfestsetzungsbescheid

 

Rz. 14

Endet das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde, so werden die dem Betroffenen zu ersetzenden Auslagen von der Verwaltungsbehörde gemäß § 106 OWiG festgesetzt. Gegen den entsprechenden Kostenfestsetzungsbescheid kann nach § 108 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 1 S. 2, 1. Hs. OWiG binnen zwei Wochen ab Zustellung gemäß § 62 OWiG ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim Amtsgericht gestellt werden. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts wiederum ist die sofortige Beschwerde zum L...

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