Leitsatz

Umstrittene Nichtigkeitsfrage eines solchen Beschlusses war nicht zu entscheiden

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1 Satz 2 WEG

 

Kommentar

1. Wird durch sog. Vorfälligkeitsbeschluss die Wohngeldzahlungsfälligkeit nach Teilungserklärungsvereinbarung geändert, kann eine solche Änderung nur durch (neuerliche) Vereinbarung erfolgen, wenn sich die Gemeinschaft vorbehalten habe, diese Vereinbarungsbestimmung durch bloßen Mehrheitsbeschluss abzuändern.

2. Aufgrund form- und fristgerecht erfolgter Anfechtung dieses Beschlusses war auch nicht auf die in Rechtsprechung und Literatur zurzeit heftig diskutierte Frage einzugehen, ob durch einen derartigen Mehrheitsbeschluss in den Kernbereich des Wohnungseigentums bzw. das Grundverhältnis eingegriffen werde und deshalb ein solcher Beschluss selbst ohne Anfechtung wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig sei (vgl. hierzu Wenzel, Festschrift für Hagen, Bärmann/Pick/Merle, § 28 Rn. 136; Senat, ZMR 98, 712; NJW-RR 94, 1426).

3. Vorliegend konnte die Gemeinschaft nicht durch Mehrheitsbeschluss über die von § 16 WEG und der Teilungserklärung abweichende Fälligkeits- und Verzugsregelung entscheiden; eine Beschlussfassung durch alle in der Versammlung anwesenden Eigentümer reichte nicht aus.

4. Wohnungseigentümer können gem. § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG Angelegenheiten der Gemeinschaftsgrundordnung nur durch allseitige Vereinbarung regeln; demgegenüber können sie durch Mehrheitsbeschluss Regelungen über das der Gemeinschaftsordnung nachrangige Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander treffen, insbesondere über die Ausgestaltung des ordnungsgemäßen Gebrauchs und die ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (vgl. BGH, NJW 91, 2637). Vorliegend enthielt die Teilungserklärung eine Regelung über die Fälligkeit der monatlich zu leistenden Wohngelder und auch eine Regelung dazu, welche Leistungen der säumige Beitragsschuldner zu erbringen habe. Eine Abänderung dieser Vereinbarungsbestimmung betrifft das gemeinschaftliche Grundverhältnis der Wohnungseigentümer; die Angelegenheit wird auch nicht deswegen zu einer der Verwaltungstätigkeit zuzurechnenden Maßnahme, weil sie der laufenden und gesicherten Liquidität der Wohnungseigentümergemeinschaft dient. Bloße Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte rechtfertigen keine Erweiterung der Kompetenzen der Gemeinschaft.

5. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Wert des Beschwerdegegenstandes von DM 5.000,-.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.04.2000, 3 Wx 60/00)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Diese neue Entscheidung lässt die augenblickliche Unsicherheit in diesen zzt. umstrittenen Fragen (Meinung Wenzel) erkennen. Sicher war - im Ergebnis zu Recht - auf form- und fristgerechte Anfechtung hin dieser sog. ORGA-Beschluss für ungültig zu erklären (Abweichung von § 16 Abs. 2 WEG bzw. von der in der Gemeinschaftsordnung vereinbarten Zahlungsfälligkeitsregelung). Mit einem "Eingriff in das gemeinschaftliche Grundverhältnis" (?) hätte allerdings m.E. auch hier nicht argumentiert werden müssen (dürfen) (vgl. auch AG Kerpen, Entscheidung v. 18.05.2000, 15 II 9/2000).

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