Leitsatz
Die Kindesmutter und alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge für die beiden betroffenen Kinder wandte sich mit der sofortigen Beschwerde gegen die vorläufige Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts (als Teil der elterlichen Sorge) für das im Jahre 1992 geborene Kind K. und Übertragung desselben auf das Jugendamt. Mit dem angefochtenen Beschluss wurde ihr zugleich das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das weitere im Jahre 1994 geborene Kind N. entzogen und auf das Jugendamt übertragen.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Beschwerde für nicht begründet.
Zu Recht habe das FamG der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das nicht von ihrem Lebenspartner abstammende Kind K. einstweilen entzogen. Der Erlass der vorläufigen Maßnahme sei erforderlich gewesen, weil - jedenfalls zum Zeitpunkt der Beschlussfassung - ein dringendes Bedürfnis für ein unverzügliches Einschreiten des FamG bestanden habe, welches ein Abwarten bis zur Beendigung der notwendig erscheinenden Ermittlungen nicht gestattete und eine sofortige Maßnahme zur Abwendung der den Kindern drohenden Gefahren durch unverschuldetes Versagen der Kindesmutter erforderte.
Konkrete Anhaltspunkte für ein entsprechendes Erziehungsfehlverhalten hätten sich sowohl aus den Bekundungen des von ihr seit September 2005 getrennt lebenden ehemaligen Lebensgefährten als auch aus den Berichten des zuständigen Jugendamtes und den Äußerungen der Kinder gegenüber dem Jugendamt und dem Gericht ergeben. Sowohl der Lebenspartner als auch die Kinder hätten übereinstimmend bekundet, dass es mehrfach zu unkontrollierten Wutausbrüchen gegenüber dem Lebensgefährten und auch dem Sohn N. gekommen sei. Das Verhalten der Kindesmutter habe dazu geführt, dass sie sich mehrfach in geschlossener psychiatrischer Behandlung befunden habe und beide Kinder mittlerweile den Kontakt zu ihr verweigerten.
Es müsse der Überprüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, ob die gegen die Kindesmutter erhobenen Vorwürfe gegen sie berechtigt seien und ob es sich ggf. nur um einen vorübergehenden Zustand handele. Jedenfalls sei unter den vorliegenden Umständen die Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrecht durch das FamG verhältnismäßig i.S.d. § 1666a I BGB gewesen, zumal es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme gehandelt habe und vor vollständiger Aufklärung des Sachverhalts nicht beurteilt werden könne, ob und ggf. welche alternativen Maßnahmen in Betracht kommen könnten, um eine mögliche Gefährdung für die Kinder abzuwenden.
Auch das Ergebnis des Gutachtens führe nicht zu einer abweichenden Beurteilung der dem Beschluss des FamG zugrunde liegenden Sach- und Rechtslage. Der Sachverständige habe lediglich festgestellt, dass die Kindesmutter nicht an einer psychiatrischen Erkrankung leide, die einer Rückführung der Kinder in ihren Haushalt entgegenstehe, sondern die von ihm beschriebenen depressiven Symptome und aggressiven Verhaltensweisen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einer extremen psychischen Belastungssituation beruhten, die als Folge der Trennung der Kindesmutter von ihrem Lebenspartner entstanden sei. Diese Belastungssituation bestehe allerdings weiterhin, ebenso wie die von dem Sachverständigen festgestellte Neigung der Mutter zu aggressiven Impulsdurchbrüchen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass beide Kinder seit spätestens Mitte Januar 2006 nicht mehr im mütterlichen Haushalt lebten und es grundsätzlich nicht ihrem Wohl entspreche, die bereits vollzogene einstweilige Anordnung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht ohne schwerwiegende Gründe abzuändern. Dies würde einen erneuten Ortswechsel der Kinder für den regelmäßig nur kurzen Zeitraum bis zum Erlass der endgültigen Entscheidung des FamG in der Hauptsache zur Folge haben.
Demzufolge sei die Beschwerde der Kindesmutter gegen den vorläufigen Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts zurückzuweisen gewesen.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 31.05.2006, 5 WF 113/06