Leitsatz
Der Vater eines im Jahre 1995 geborenen minderjährigen Kindes begehrte Abänderung eines Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses, wonach er verpflichtet war, 100 % des Regelbetrages (Ost) der 3. Altersstufe, somit 267,00 EUR, an seine Tochter zu zahlen.
Aus seiner jetzigen Ehe war ein weiteres im Jahre 2000 geborenes Kind hervorgegangen. Der Kindesvater arbeitete vollschichtig als Kfz-Mechaniker. Seine Ehefrau war ebenfalls vollschichtig in einem Unfallkrankenhaus tätig.
In dem von ihm initiierten gerichtlichen Verfahren hat der Kläger geltend gemacht, den titulierten Unterhalt nicht mehr zahlen zu können und eine Herabsetzung auf monatlich 70,00 EUR für die Zeit ab August 2007 begehrt.
Diesem Antrag hat das erstinstanzliche Gericht stattgegeben.
Hiergegen wandte sich die Beklagte mit der Berufung. Zur Begründung ihres Rechtsmittels trug sie vor, der Kläger sei gehalten, alles zu tun, um ihren Unterhalt sicherzustellen. Er müsse ggf. auch eine Nebentätigkeit aufnehmen. Hierzu habe er auch genügend Zeit, wenn er seine umfangreichen Freizeitaktivitäten einschränkte. Im Übrigen sei sein Selbstbehalt im Hinblick auf das Zusammenleben mit seiner Ehefrau in einem Hausalt zu kürzen.
Der Kläger hatte seine reduzierte Leistungsfähigkeit u.a. damit begründet, dass er mit seiner jetzigen Ehefrau ein mit Fremdmitteln finanziertes Eigenheim bewohne, für das Darlehensraten und auf einen Bausparvertrag monatliche Zahlungen von 644,80 EUR geleistet werden müssten. Heiz- und Nebenkosten beliefen sich auf 190,00 EUR. Von diesen Belastungen trage er die Hälfte.
Das Rechtsmittel der Beklagten erwies sich als teilweise begründet.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das Berufungsverfahren führte zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und zur Titulierung höheren Kindesunterhalts als erstinstanzlich festgesetzt worden war.
Unter Hinweis auf die Abhängigkeit der Höhe des Unterhaltsanspruchs der Beklagten von dem anrechenbaren Einkommen des Klägers wies das OLG darauf hin, dass dessen Aufwendungen für die Finanzierung des mit seiner neuen Ehefrau erworbenen Einfamilienhauses nicht zu berücksichtigen seien. Sie stellten keine unvermeidbaren Wohnkosten dar und erhöhten den Selbstbehalt grundsätzlich nicht (vgl. dazu Wendl/Gutdeutsch, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 5 Rz. 19 f.).
Von dem Einkommen des Klägers sei auch im Hinblick auf die zur Finanzierung des Hauses eingegangenen Zahlungsverpflichtungen kein Abzug vorzunehmen, zumal der Kläger nicht vorgetragen habe, dass die von ihm zu erbringenden Zahlungen den auf ihn entfallenden Wohnwert überstiegen. Im Übrigen habe er das Hausgrundstück in Kenntnis seiner Unterhaltsverpflichtung ggü. der Beklagten erworben.
Die Kosten der Hausfinanzierung könnten auch nicht im Umfang von 4 % des Bruttoeinkommens des Vorjahres unter dem Gesichtspunkt berücksichtigt werden, dass der Kläger Wohneigentum bilde und damit eine zusätzliche Altersversorgung betreibe. Dies sei nur möglich, wenn der notwendige Bedarf der Beklagten gedeckt sei (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rz. 1029; s. a. Wendl/Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rz. 262a).
Da der Kläger jedoch nicht in der Lage sei, den Regelbetrag bzw. den Mindestunterhalt für die Beklagte zu zahlen, komme ein solcher Abzug nicht in Betracht.
Zusätzliche Einkünfte könnten dem Kläger nicht zugerechnet werden. Mit seiner vollschichtigen Tätigkeit genüge er seiner Erwerbsobliegenheit. Im Einzelfall könne es allerdings zumutbar sein, den Unterhaltsschuldner auf eine Nebentätigkeit zu verweisen. Dies komme jedoch nur dann in Betracht, wenn der Pflichtige unter Berücksichtigung seiner regulären Arbeitszeiten, der Zeiten für die Wege von und zur Arbeit und seiner privaten Belange nicht übermäßig belastet sei und eine tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden nicht überschritten werde (vgl. BVerfG FamRZ 2007, 273; BGH, FamRZ 2008, 872; FamRZ 2009, 314).
Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall nicht gegeben, so dass Einkünfte aus einer Nebentätigkeit dem Kläger nicht zugerechnet werden könnten.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Urteil vom 19.05.2009, 10 UF 2/09