Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorrang des Mindestunterhalts vor Altersvorsorge
Leitsatz (amtlich)
Kindesunterhalt: Berücksichtigung der Finanzierungskosten für ein Einfamilienhaus bei der Einkommensberechnung im Rahmen eines Mangelfalls.
Normenkette
BGB §§ 1601, 1603 Abs. 2, 1, § 1612a Abs. 1
Verfahrensgang
AG Eberswalde (Beschluss vom 26.11.2003; Aktenzeichen 3 FH 36/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des AG Eberswalde vom 28.11.2008 abgeändert.
Der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des AG Eberswalde vom 26.11.2003 (3 FH 36/03) wird dahin abgeändert, dass der Kläger der Beklagten monatlichen Unterhalt wie folgt zahlen muss:
- 209 EUR für August bis Dezember 2007,
- 139 EUR für Januar bis Dezember 2008,
- 141 EUR für Januar bis April 2009 und
- 59,1 % des Mindestunterhalts der dritten Altersstufe abzgl. hälftigen Kindergelds für die Zeit ab Mai 2009.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 2/5, die Beklagte 3/5 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Berufungswert beträgt 2.758 EUR.
Gründe
I. Der Kläger ist der Vater der am ...1995 geborenen Beklagten. Er hat ein weiteres, aus seiner jetzigen Ehe hervorgegangenes Kind, J.A., geboren am ...2000. Der Kläger arbeitet vollschichtig als Kfz-Mechaniker, seine Ehefrau ist, ebenfalls vollschichtig, in einem Unfallkrankenhaus tätig. Aufgrund des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses des AG Eberswalde vom 26.11.2003 (3 FH 36/03) muss der Kläger der Beklagten monatlichen Unterhalt i.H.v. 100 % des Regelbetrages (Ost) der dritten Altersstufe, dass sind 267 EUR, zahlen.
Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren geltend gemacht, dass er diesen Unterhalt nicht mehr zahlen könne, und hat Herabsetzung des titulierten Unterhalts auf monatlich 70 EUR für die Zeit ab August 2007 verlangt.
Diesem Begehren hat das AG durch das am 28.11.2008 verkündete Urteil stattgegeben. Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie trägt vor:
Der Kläger sei gehalten, alles zu tun, um ihren Unterhalt sicherzustellen, er müsse ggf. eine Nebentätigkeit aufnehmen. Hierzu habe er genügend Zeit, wenn er seine umfangreichen Freizeitaktivitäten im Hundesportverein einschränke. Der Selbstbehalt des Klägers sei im Hinblick auf das Zusammenleben mit seiner Ehefrau in einem Haushalt zu kürzen.
Die Beklagte beantragt, das am 28.11.2008 verkündete Urteil des AG Eberswalde abzuändern und die Klage auf Herabsetzung des durch Unterhaltsfestsetzungsbeschluss vom 26.11.2003 (3 FH 36/03) titulierten monatlichen Unterhalts auf weniger als
- 230 EUR für August bis Dezember 2007,
- 160 EUR für Januar 2008 bis März 2009 und
- 64,1 % des Mindestunterhalts der dritten Altersstufe abzgl. hälftigen Kindergelds für die Zeit ab April 2009
abzuweisen.
Der Kläger beantragt Berufungszurückzuweisung und trägt vor:
Für das mit seiner jetzigen Ehefrau bewohnte, mit Fremdmitteln finanzierte Einfamilienhaus müssten monatliche Darlehensraten von 310 und 289,80 EUR sowie ein monatlicher Bausparbeitrag von 45 EUR, insgesamt also 644,80 EUR, gezahlt werden. Die Heiz- und übrigen Nebenkosten beliefen sich auf 190 EUR. Von diesen Belastungen trage er die Hälfte. Da dieser Betrag den im Selbstbehalt berücksichtigten Anteil für Wohnkosten übersteige, sei der Selbstbehalt entsprechend zu erhöhen. Die Darlehen seien nur von seiner Frau und ihm, nicht auch von den Schwiegereltern, aufgenommen worden.
Eine Nebentätigkeit müsse er nicht aufnehmen. Dies dürfe er auch nicht, weil ihm sein Arbeitgeber dies untersagt habe. Seine Tätigkeit im Hundesportverein umfasse ein- bis zweimal wöchentlich je zwei Stunden, diese Freizeit dürfe er nach seinen Wünschen ge-stalten.
Wegen des Weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Der zu ihren Gunsten durch den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss vom 26.11.2003 titulierte Unterhalt ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang herabzusetzen. Denn Unterhalt in diesem Umfang kann und muss der Kläger der Beklagten, seiner Tochter, zahlen.
Die Höhe des Unterhaltsanspruchs der Beklagten richtet sich nach dem anrechenbaren Einkommen des Klägers, wobei dessen weitere Unterhaltsverpflichtung ggü. dem minderjährigen Sohn J. zu berücksichtigen ist. Da J. mit seiner Mutter, die vollschichtig arbeitet, im Haushalt des Klägers lebt, muss ihm der Kläger nur anteiligen Barunterhalt zahlen. Die Höhe seines Anteils richtet sich nach den Einkünften beider Elternteile.
Das monatliche Nettoeinkommen des Klägers beträgt nach den vorgelegten Entgeltabrechnungen rund 948 EUR in 2007, rund 953 EUR in 2008 und, auf der Grundlage der Monate März 2008 bis Februar 2009 rund 952 EUR ab 2009.
Die Aufwendungen des Klägers für die Finanzierung des mit seiner neuen Ehefrau erworbenen Einfamilienhauses sind nicht zu berücksichtigen. Sie stellen keine unvermeidbaren Wohnkosten dar und erhöhen den Selbstbehalt grundsätzlich nicht (v...