Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 21 WEG, §§ 633ff. BGB, § 634 BGB
Kommentar
Trifft eine Wohnungseigentümergemeinschaft mehrheitlich den Beschluss, wegen eines Mangels (hier: zu geringer Mutterboden auf einem Tiefgaragendach) den vereinbarten Werklohn zu mindern, so ist ein überstimmter Wohnungseigentümer nicht mehr befugt, gegen den Willen der Wohnungseigentümergemeinschaft vom Werkunternehmer die Beseitigung des Mangels zu verlangen.
Ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümer, Werklohnminderung zu verlangen, hat rechtsgestaltenden Charakter und bindet alle, also auch und gerade überstimmte Eigentümer; diese Bindungswirkung des Beschlusses beschränkt sich nicht nur auf das Verhältnis der Wohnungseigentümer zueinander; dem Beschluss kommt zum Schutz betroffener Dritter auch Außenwirkung zu (so auch die BGH-Rechtsprechung, vgl. NJW 79, 2207; NJW 81, 1841 und NJW 88, 1718). Ein Minderungsrecht kann wegen der Gemeinschaftsbezogenheit dieser Gewährleistungsrechte nur von allen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich - durch Beschluss - verfolgt werden; das gewählte Gewährleistungsrecht kann dann auch nur einheitlich ausgeübt werden; andernfalls liefe der Werkunternehmer Gefahr, wegen eines Mangels verschiedenartigen Ansprüchen ausgesetzt zu sein. Einem einzelnen Eigentümer fehlt deshalb für eine Nachbesserungsklage nach erfolgter Beschlussfassung der Eigentümer, Minderung geltend zu machen, die Sachbefugnis (Aktivlegitimation).
Link zur Entscheidung
( OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.10.1992, 5 U 179/91= NJW-RR 2/1993, 89)
zu Gruppe 6: Baurechtliche und bautechnische Fragen; Baumängel
Anmerkung:
Diese Rechtsansicht entspricht auch der Darstellung in ETW, Gruppe 6, dort auch unter Hinweis auf die modifizierende BGH-Rechtsprechung zu primären und sekundären Gewährleistungsrechten (vgl. auch das Urteil des OLG Frankfurt, Urteil vom 21. 9. 1993, Az.: 4 U 106/91= NJW-RR 1993, 121). Ansprüche auf Mängelbeseitigung (und modifizierte Resterfüllung) sowie Kostenerstattung und Vorschuss (Eigennachbesserung) kann grundsätzlich auch der einzelne Eigentümer bei Mängeln am Gemeinschaftseigentum gerichtlich verfolgen (mit Leistungsantrag an die Gemeinschaft); Minderung [grundsätzlich] und auch kleiner Schadenersatz als sekundäre Gewährleistungsrechte setzen jedoch eine Gestaltungsentscheidung und Wahlrechtsausübung der Gemeinschaft voraus und können auch nur gemeinschaftlich (über entsprechenden Mehrheitsbeschluss) gegen einen Gewährleistungsschuldner geltend gemacht werden, um insbesondere "Mehrfachinanspruchnahmen" eines Gewährleistungsschuldners zu vermeiden (auch Außenwirkung einer solchen Eigentümerbeschlussfassung!). Eine Entscheidung der Gemeinschaft hat deshalb bei Mängeln am Gemeinschaftseigentum grundsätzlich Vorrang gegenüber der Geltendmachung von Gewährleistungsrechten durch einen einzelnen Eigentümer und kann zur Unzulässigkeit einer Einzelklage führen.
Hinsichtlich der weiteren alternativen sekundären Gewährleistungsansprüche Wandelung und sog. großer Schadenersatz dürfte es jedoch bei einer Einzelklagebefugnis verbleiben, da diese Rechte nur individuell geltend gemacht werden können und im einzelnen Vertragsverhältnis zwischen Erwerber und Veräußerer begründet liegen. Das Mehrfachleistungsrisiko eines Gewährleistungsschuldners scheint also nicht konsequent hinsichtlich aller sekundären Gewährleistungsrechte für den Schuldner ausgeschlossen.