Leitsatz
Ein Steuerberater ist bei einer Auskunft zum Wechsel von Lohnsteuerklassen nicht ungefragt verpflichtet, auf mögliche Auswirkungen des Wechsels auf nicht steuerrechtliche Bereiche hinzuweisen.
Sachverhalt
Der Kläger und seine Ehefrau beziehen Arbeitslosenhilfe. Als seine Ehefrau im Januar 2001 beabsichtigte, eine kurzfristige Beschäftigung aufzunehmen, suchte er am 30.1.2001 die Kanzlei des Beklagten, seines langjährigen Steuerberaters, auf, um sich beraten zu lassen. Der Kläger schilderte einer Mitarbeiterin des Beklagten, dass er derzeit in Steuerklasse III, seine Ehefrau in Steuerklasse Veingestuft sei und fragte, ob ein Wechsel empfehlenswert sei. Die Mitarbeiterin wies ihn darauf hin, dass ein Tausch der Steuerklassen zwischen den Eheleuten steuerliche Vorteile bringe. Der Kläger veranlasste daraufhin eine Änderung der Steuerklassen, worauf sich die Grundlagen für die Berechnung der Höhe seiner Arbeitslosenhilfe änderten. Da der Kläger dem Arbeitsamt die Änderung der Steuerklassen nicht mitteilte, wurde ihm zunächst Arbeitslosenhilfe in unveränderter Höhe gezahlt. Nachdem das Arbeitsamt von der Änderung erfahren hatte, wurde eine Überzahlung in Höhe von 2077,26 DM zurückgefordert. Außerdem wurde gegen ihn wegen fahrlässiger Unterlassung der gebotenen Mitteilung ein Bußgeld festgesetzt. Unstreitig hatte der Kläger aufgrund der Änderung der Steuerklassen einen finanziellen Nachteil von 1018,63 EUR. Diesen Betrag sowie das von ihm gezahlte Bußgeld nebst Kosten macht er mit der Klage im Wege des Schadensersatzanspruches gegen den Beklagten geltend.
Entscheidung
Die Klage ist unbegründet. Die erste Instanz stellte fest, dass Schadensersatzansprüche gegen den beklagten Steuerberater nicht gegeben seien.
Das Gericht geht zwar davon aus, dass den Beklagten – vertreten durch seine Mitarbeiterin – gegenüber dem Kläger gewisse Sorgfaltspflichten trafen, obwohl ein unentgeltlicher Ratschlag erfolgte. Immerhin war ersichtlich, dass der Kläger aufgrund einer Empfehlung des Steuerberaters seine Vermögensverhältnisse gestalten wollte, was finanzielle Konsequenzen haben konnte, so dass ein Rat, wenn er überhaupt gegeben wurde, auch mit der erforderlichen Sorgfalt gegeben werden musste.
Dies ist aber letztlich erfolgt. Auch der Kläger geht davon aus, dass ihm die steuerlichen Konsequenzen von der Mitarbeiterin des Beklagten zutreffend erläutert wurden. Bei den Folgen des Steuerklassenwechsels geht es aber nicht um Fragen des Steuerrechts, für die ein Steuerberater zuständig ist, sondern um Fragen der Höhe der Arbeitslosenhilfe. Dazu sind von einem Steuerberater, sofern er nicht ausdrücklich darauf angesprochen wird, keine Auskünfte zu erwarten. Diesbezüglich hätte der Kläger selbst beim Arbeitsamt nachfragen müssen, wenn er schon nicht Einsicht in die schriftlichen Informationen, die ihm vom Arbeitsamt ausgehändigt worden waren, nahm. Das Gericht hat eine Auskunft des Arbeitsamts über die Informationen, die dem Kläger bei Beginn des Bezuges der Arbeitslosenhilfe erteilt worden waren, eingeholt. Daraus ergibt sich, dass der Kläger eindeutig und unmissverständlich auf die Bedeutung der Lohnsteuerklasse für die Höhe der Arbeitslosenhilfe hingewiesen worden war. Es war Sache des Klägers selbst, diese Hinweise zur Kenntnis zu nehmen und zu berücksichtigen. Er kann dieses Versäumnis nicht dem Beklagten anlasten, der nur für die Beratung über die steuerlichen Konsequenzen zuständig ist. Noch deutlicher wird diese Konsequenz, soweit der Kläger eine Übernahme des ihm auferlegten Bußgeldes durch den Beklagten erreichen will. Das Bußgeld wurde dem Kläger wegen eines Verstoßes gegen seine Mitteilungspflichten aufgrund eigenen Verschuldens auferlegt. Dieses Verschulden lag darin, dass er den Steuerklassenwechsel trotz vorher erteilter eindeutiger Hinweise durch das Arbeitsamt nicht mitteilte. Das Bußgeld diente dazu, dieses Verschulden des Klägers zu ahnden. Es ist nicht möglich, dies auf eine andere Person abzuwälzen.
Praxishinweis
Die Kammer teilt die rechtliche Wertung des Sachverhalts durch das AG. Zutreffend ist es von einer vertraglichen Bindung des Beklagten, nicht nur von einer Gefälligkeitsauskunft der Mitarbeiterin ausgegangen. Der Kläger hatte sich ersichtlich an den Steuerberater gewandt, um eine steuerliche Auskunft zu erhalten. Dass der Beklagte für diese Beratung keine Vergütung erhalten hat, ist insoweit ohne Belang. Die erteilte Auskunft zum Wechsel der Steuerklassen war, wie unstreitig ist, in steuerlicher Hinsicht korrekt. Dabei ist dem Beklagten entgegen der Ansicht des Klägers nicht vorzuwerfen, dass die Mitarbeiterin nicht auf mögliche Auswirkungen des Wechsels auf nichtsteuerliche Bereiche hingewiesen hat. Eine solche Beratung war nicht Gegenstand des Auftrags, und der Beklagte musste nicht ungefragt einen entsprechenden Hinweis erteilen. Hinzu kommt noch, dass der Kläger unstreitig bereits durch das Arbeitsamt eine entsprechende Belehrung erhalten hatte.
Link zur Entscheidung
LG Münster, Urteil vom 13.0...