Leitsatz
Mit doppelten Schriftformklauseln wollen sich Arbeitgeber vor betrieblichen Übungen oder behaupteten mündlichen Vertragsänderungen schützen. Das BAG hat erstmals eine doppelte Schriftformklausel im Arbeitsvertrag für unwirksam gehalten.
Sachverhalt
Der Arbeitnehmer war von Mai 2002 bis zum März 2006 für den Arbeitgeber als Büroleiter in China beschäftigt. Er bewohnte dort eine Wohnung zu einer monatlichen Miete von (umgerechnet) ca. 2300 EUR. Der Arbeitgeber erstattete ihm und anderen in China tätigen Mitarbeitern monatlich die Kosten für die Miete. Nachdem der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber gekündigt worden war und ein Kündigungsrechtstreit geführt wurde, stellte der Arbeitgeber die Zahlungen zur Erstattung der Mietkosten ab August 2005 ein. Der Arbeitnehmer berief sich auf eine betriebliche Übung und klagte auf weitere Mieterstattung während der restlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses.
Der Arbeitgeber war der Ansicht, es sei keine betriebliche Übungentstanden und verwies auf die im Arbeitsvertrag enthaltene doppelte Schriftformklausel. Nach dem abgeschlossenen Formulararbeitsvertrag des Arbeitgebers bedurften Änderungen und Ergänzungen des Vertrags sowie der Verzicht auf das Schriftformerfordernis der Schriftform. Im schriftlichen Vertrag war die Mietkostenerstattung nicht geregelt.
Das BAG gab dem Arbeitnehmer Recht. Der Arbeitgeber hatte dem Arbeitnehmer weiterhin die Mietkosten zu erstatten, da durch die jahrelangen, regelmäßigen Zahlungen eine betriebliche Übung entstanden war. Die im Arbeitsvertrag enthaltene doppelte Schriftformklausel war nach Ansicht des BAG unwirksam und konnte deshalb die betriebliche Übung nicht verhindern.
Das BAG hat zwar seine Rechtsprechung bestätigt, dass eine doppelte Schriftformklausel grundsätzlich geeignet ist, das Entstehen einer betrieblichen Übung zu verhindern(BAG, Urteil v. 24.6.2003, 9 AZR 302/02). Die hier vom Arbeitgeber verwendete doppelte Schriftformklausel war dagegen unwirksam, da sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligte (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das BAG begründet die Unwirksamkeit wie folgt: Durch die Formulierung der Klausel im Arbeitsvertrag wird beim Arbeitnehmer der Eindruck erweckt, jede spätere mündliche Vereinbarung mit dem Arbeitgeber sei unwirksam. Nach § 305b BGB gehen jedoch individuelle Vereinbarungen den Formularklauseln des Arbeitsvertrags stets vor. Dem Arbeitnehmer werde also durch die Klausel der Eindruck einer falschen Rechtslage vermittelt, was ihn davon abhalten könnte Ansprüche geltend zu machen und ihn daher unangemessen benachteilige. Die vom Arbeitgeber verwendete Klausel war zu weit gefasst und daher insgesamt unwirksam. Der Arbeitnehmer konnte sich deshalb auf die betriebliche Übung berufen, so dass der Arbeitgeber ihm weiterhin die Mietkosten zu erstatten hatte.
Hinweis
Nach der neuen Rechtsprechung ist es wohl weiterhin zulässig, die Entstehung einer betrieblichen Übung durch eine doppelte Schriftformklausel zu verhindern. Das BAG hat ausdrücklich festgestellt, dass dann kein Verstoß gegen § 305b BGB vorliegt und angedeutet, dass damit auch keine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers eintritt. Vorerst sollte daher in eine doppelte Schriftformklausel immer der Hinweis aufgenommen werden, dass spätere, mündliche individuelle arbeitsvertragliche Vereinbarungen i.S.des § 305b BGB vom Schriftformzwang ausgenommen sind.
Link zur Entscheidung
BAG, Urteil v. 20.5.2008, 9 AZR 382/07.