Kommentar
In dem Verfahren war streitig, ob der Vorsteuerabzug einer niederländischen Gesellschaft rückgängig gemacht werden konnte, weil sie Vorsteuern aus Rechnungen von Unternehmern abgezogen hatte, die zum gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer nicht berechtigt waren. Da diese Unternehmer die Umsatzsteuer ausschließlich aufgrund des Ausweises in de Rechnung schuldeten, stellte sich für das Vorlagegericht die Frage, ob sich das Vorsteuerabzugsrecht der niederländischen Gesellschaft auch auf diese Umsatzsteuer erstrecken konnte.
Nach dem EuGH-Urteil hängt das Vorsteuerabzugsrecht davon ab, daß die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer mit der Lieferung von Gegenständen und der Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang steht. Das Vorsteuerabzugsrecht ist nach dem Urteil somit für eine Steuer ausgeschlossen, die – entweder weil sie höher ist als die gesetzlich geschuldete Steuer oder weil der betreffende Umsatz nicht der Umsatzsteuer unterliegt – in keinem Zusammenhang mit einem bestimmten Umsatz steht. Der EuGH lehnt sich also an den Wortlaut von Artikel 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtline an, daß der Leistungsempfänger nur die Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen darf, die der Leistende schuldet, weil er den Umsatz ausgeführt hat.
Das deutsche Umsatzsteuerrecht ist bisher nicht an dieses EuGH-Urteil angepaßt worden. Nach geltendem Recht ist der Vorsteuerabzug nämlich grundsätzlich auch aus Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis zulässig
- bei steuerpflichtigen Leistungen, wenn eine höhere als die geschuldete Steuer ausgewiesen wird (es sei denn, die Rechnung wird berichtigt),
- bei steuerfreien Leistungen,
- bei nichtsteuerbaren Leistungen (entweder weil sie unentgeltlich sind oder im Ausland erbracht werden),
- bei Rechnungen von Kleinunternehmern.
Nicht abziehbar ist die Vorsteuer
- bei nichtsteuerbaren Leistungen, wenn die Rechnung berichtigt wird,
- wenn keine Leistung ausgeführt worden ist (z.B. in den Fällen des Schadenersatzes),
- wenn eine Rechnung über eine andere als die tatsächlich erbrachte Leistungen ausgestellt wird,
- wenn eine Leistung außerhalb des Unternehmens erbracht wird,
- wenn es sich um eine Leistung eines Nichtunternehmers handelt.
Im Regierungsentwurf des Steuerreformgesetzes 1990 war vorgesehen, den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers (Rechnungsempfängers) nur noch in Höhe der Steuer zuzulassen, die der leistende Unternehmer (Rechnungsaussteller) für den Umsatz schuldet. Dem Rechnungsaussteller sollte allerdings stets die Möglichkeit einer Rechnungsberichtigung eingeräumt werden. Zur Vermeidung von Steuerausfällen sollte der Rechnungsaussteller allerdings haften, wenn der Rechnungsempfänger die zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer abgezogen hatte und diese bei ihm nicht mehr zurückgefordert werden konnte (vgl. BT-Drucksache 11/2157, 37, 38, 189). Dieses Gesetzesvorhaben wurde letztlich nicht realisiert.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 13.12.1989, C-342/87