Sachverhalt
In dem Verfahren ging es um die Auslegung von Art. 17 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie (ab 1.1.2007: Art. 176 MwStSystRL). Danach - so die ab 1.1.2007 geltende Fassung - legt der Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig fest, welche Ausgaben kein Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen. In jedem Fall werden diejenigen Ausgaben vom Recht auf Vorsteuerabzug ausgeschlossen, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen. Bis zum Inkrafttreten der Bestimmungen im Sinne des Art. 176 Abs. 1 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten alle Ausschlüsse beibehalten, die am 1.1.1979 bzw. im Falle der nach diesem Datum der Gemeinschaft beigetretenen Mitgliedstaaten am Tag ihres Beitritts in ihren nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen waren (sog. stand-still-Klausel).
Art. 25 Abs. 1 Nr. 1a des polnischen MwSt-Gesetzes 1993 bestimmt, dass der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist in Bezug auf eine von dem Unternehmer "erworbene Einfuhr von Dienstleistungen, im Zusammenhang mit denen die Zahlung des Entgelts unmittelbar oder mittelbar an eine Person erfolgt, die ihren Wohnsitz, ihren Sitz oder ihre Hauptverwaltung in einem in Anhang Nr. 9 des Gesetzes genannten Gebiet oder Land hat." Anhang Nr. 9 ("Liste der Länder [Gebiete], bei denen die Steuer auf eine Einfuhr von Dienstleistungen weder zu einer Minderung des Betrags der geschuldeten Steuer noch zu einem Recht auf Erstattung der Differenz der geschuldeten Steuer führt") enthält Staaten wie das Fürstentum Andorra, Antigua und Barbuda oder die Bahamas. Diese Regelung war - mit Wirkung v. 1.5.2004, dem Zeitpunkt des Beitritts Polens zur EU - im polnischen MwStG 2004 im Wesentlichen beibehalten worden (Art. 88 Abs. 1 Nr. 1 MwStG in Verbindung mit Anhang Nr. 5, wobei die Liste in diesem Anhang 39 Staaten und Gebiete anstelle von 41 enthält.
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens produziert und verkauft Wasserkühlanlagen. Im Rahmen ihrer Tätigkeiten, zu denen auch der Kundendienst gehört, greift sie auf Dienstleistungen eines Unternehmens mit Sitz in einem Gebiet zurück, das in Anhang Nr. 5 des polnischen MwStG aufgeführt ist. Dieses Unternehmen erbringt Managementleistungen und technische Unterstützungsleistungen an die Klägerin. Der Klägerin wurde der Vorsteuerabzug aus diesen (in Polen steuerbaren) Leistungen verwehrt. Das Vorlagegericht fragte den EuGH, ob Art. 176 MwStSystRL diesen Vorsteuerausschluss zulässt, auch wenn Polen ihn bereits vor seinem Beitritt zur EU praktizierte.
Entscheidung
Der EuGH hat entschieden, dass der polnische Vorsteuerausschluss von Art. 176 MwStSystRL nicht gedeckt ist. Er hat seine frühere Rechtsprechung bestätigt, dass die Mitgliedstaaten zwar nach Art. 176 MwStSystRL berechtigt sind, ihre zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der 6. EG-Richtlinie bestehenden Regelungen über den Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts beizubehalten, bis der Rat die in Art. 176 MwStSystRL vorgesehenen Bestimmungen erlässt. Da der Rat bisher keine solchen Bestimmungen erlassen hat, können die Mitgliedstaaten ihre Rechtsvorschriften über den Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts beibehalten. Bis heute enthält das Unionsrecht keine Bestimmung, die die vom Vorsteuerabzug ausgeschlossenen Ausgaben aufzählt (vgl. EuGH, Urteil v. 8.12.2005, C-280/04 (Jyske Finans) und EuGH, Urteil v. 11.12.2008, C-371/07 (DanFoss und AstraZeneca).
Der Umfang des Vorsteuerausschlusses ist jedoch durch die 2. EG-Richtlinie beschränkt, d.h. es dürfen nur die Vorsteuerausschlüsse beibehalten werden, die nach Art. 11 Abs. 4 der 2. EG-Richtlinie rechtmäßig waren. Diese Regelung sah vor, dass die Mitgliedstaaten "bestimmte Gegenstände und bestimmte Dienstleistungen ..., und zwar insbesondere die Gegenstände und Dienstleistungen, die ganz oder teilweise für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen oder seines Personals verwendet werden können", von der Regelung des Vorsteuerabzugs ausschließen können. Demnach erlaubt Artikel 11 Abs. 4 der 2. Richtlinie den Mitgliedstaaten zwar, bestimmte Gegenstände, wie z. B. Kraftfahrzeuge, vom Vorsteuerabzug auszuschließen, nicht aber, von dieser Regelung alle Gegenstände oder Dienstleistungen auszuschließen, soweit sie von bestimmten Unternehmern erbracht werden. Mit Art. 176 MwStSystRL haben die Mitgliedstaaten somit nicht die Möglichkeit, alle oder praktisch alle Gegenstände und Dienstleistungen vom Vorsteuerabzug auszuschließen und auf diese Weise die Regelung in Art. 11 Abs. 1 der 2. EG-Richtlinie gegenstandslos zu machen. Diese Befugnis bezieht sich daher nicht auf allgemeine Ausschlüsse und enthebt die Mitgliedstaaten nicht der Verpflichtung, die Gegenstände und Dienstleistungen, für die der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, hinreichend zu konkretisieren (vgl. EuGH, Urteil v. 5.10.1999, C-305/97 (Royscot Leasing Ltd).
Polen darf nach dem Urteil somit nicht auf der Basis von Art. 176 MwStSystRL Eingangsleistungen, die von Unternehmern bezogen oder an diese bezahlt werden, die in sog. St...