Leitsatz
1. Eingriffe einer Holding in die Verwaltung von Unternehmern, an denen sie Beteiligungen erworben hat, sind eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S.d. Art. 4 Abs. 2 der 6. EG-RL, wenn sie Tätigkeiten darstellen, die gem. Art. 2 der Richtlinie der Mehrwertsteuer unterliegen, wie etwa das Erbringen von administrativen, finanziellen, kaufmännischen und technischen Dienstleistungen der Holding an ihre Tochtergesellschaften.
2. Die Kosten, die einer Holding für die bei Erwerb einer Beteiligung an einer Tochtergesellschaft erworbenen Dienstleistungen entstanden sind, gehören zu ihren allgemeinen Kosten und hängen deshalb grundsätzlich direkt und unmittelbar mit ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zusammen. Wenn die Holding deshalb sowohl Umsätze tätigt, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ergibt sich aus Art. 17 Abs. 5 Unterabsatz 1 der 6. EG-RL, dass sie den Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer vornehmen kann, der dem Betrag der erstgenannten Umsätze entspricht.
3. Der Bezug von Dividenden fällt nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer.
Normenkette
§ 2 UStG , § 4 Nr. 8 UStG , § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG , Art. 4 6. EG-RL , Art. 13 Teil B Buchst. d 6. EG-RL , Art. 17 Abs. 2 6. EG-RL , Art. 17 Abs. 5 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Holdinggesellschaft, begehrte den Vorsteuerabzug aus sog. Transaktionskosten, d.h. Kosten aus ihr von Dritten beim Erwerb von Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften in Rechnung gestellten Dienstleistungen. Diese Dienstleistungen bezogen sich insbesondere auf Betriebsrevisionen, Leistungen bei der Aushandlung des Preises der Aktien, die Ausgestaltung der Übernahme der Mehrheit in den Gesellschaften sowie juristische und steuerliche Leistungen.
Entscheidung
Nach Auffassung des EuGH ist eine Holding nicht unternehmerisch tätig und damit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn ihr einziger Zweck der bloße Erwerb oder das bloße Halten von Beteiligungen an anderen Unternehmen ist, ohne dass sie – unbeschadet ihrer Rechte als Aktionärin oder Gesellschafterin – unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung dieser Gesellschaft eingreift. Eingriffe in die Verwaltung der Beteiligungsgesellschaften, wie etwa administrative, finanzielle, kaufmännische oder technische Dienstleistungen gegen Entgelt durch eine Holding an ihre Töchter, sind als unternehmerische Handlungen zu beurteilen.
Unter Zugrundelegung des Neutralitätsprinzips in der Umsatzsteuer hänge – so der EuGH im zweiten Teil seiner Entscheidung – der Vorsteuerabzug maßgeblich davon ab, ob die Eingangsleistungen direkt und unmittelbar mit Ausgangsumsätzen zusammenhingen, die den Vorsteuerabzug zuließen. Dies sei bei den Transaktionskosten der Klägerin zwar nicht gegeben, allerdings gingen die Transaktionskosten in die Allgemeinkosten ein. Damit bestehe ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit der Holding. Der Vorsteuerabzug beurteile sich damit unter Beachtung dieser Gesamttätigkeit als Umsätze, die den Vorsteuerabzug gewähren oder ausschließen.
Schließlich antwortet der EuGH auf die dritte Vorlagefrage nach der umsatzsteuerlichen Beurteilung der Dividenden, dass diese kein Entgelt für eine wirtschaftliche Tätigkeit der Holding ist.
Hinweis
Der EuGH hat mit seinem Urteil eine seit längerer Zeit auch in Deutschland kontrovers diskutierte Streitfrage zur Beurteilung der Vorsteuerabzugsfähigkeit sog. Transaktionskosten einer Holding entschieden. Unter der Maßgabe, dass die Holding durch das Erbringen administrativer, finanzieller, kaufmännischer und technischer Dienstleistungen gegen Entgelt an ihre Töchter unmittelbar in die Verwaltung ihrer Töchter eingreift, steht ihr aus den Dienstleistungen anlässlich des Erwerbs ihrer Beteiligungen der Vorsteuerabzug zu. Zwar stellt der Bezug von Dividenden kein Entgelt für eine wirtschaftliche Tätigkeit der Holding dar. Die Transaktionskosten dürfen jedoch in die Allgemeinkosten der Holding einbezogen werden.
Obwohl somit die Kosten aus dem Erwerb der Beteiligung auch dem Bezug der Dividenden und damit dem nichtunternehmerischen Bereich dienen, berechtigen sie zum vollen Vorsteuerabzug. Voraussetzung ist alleine die Bewertung der Ausgangsumsätze insgesamt als vorsteuergewährend. Hieraus folgt allgemein für den Vorsteuerabzug: Dient die Eingangsleistung nicht nur einem nichtunternehmerischen Bereich, sondern auch der Erzielung unternehmerischer Einkünfte, gebietet der Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer den Vorsteuerabzug, so nur die Gesamtumsätze den Vorsteuerabzug zulassen.
Als alternative Strategie zur Absicherung des Vorsteuerabzugsrechts bietet sich in Deutschland das Rechtsinstitut der Organschaft in den Fällen an, wo die für den Vorsteuerabzug unerlässliche unternehmerische Tätigkeit der Holding zweifelhaft ist. So die Voraussetzungen vorliegen, sichert die unternehmerische Tätigkeit des Organkreises den Vorsteuerabzug aus den Transaktionskosten. Zu beachten is...