Die Bearbeitung von Unfallmandaten gehört zum Alltag jeder Allgemeinpraxis. Im Vordergrund der anwaltlichen Beratung steht die Schadenminderungspflicht des Geschädigten, der damit rechnet, dass die Kosten der Schadenbeseitigung entweder vom gegnerischen Haftpflichtversicherer oder von der eigenen Kaskoversicherung getragen werden. Dem Mandanten ist daher zu empfehlen, keine Kosten aufzuwenden, die er bei einem Eigenschaden nicht auf sich genommen hätte.
Der Geschädigte, der sich sorglos und desinteressiert bei der Unfallregulierung verhält, geht das Risiko ein, einen Teil des Schadens selbst zu tragen, wenn er bei Beauftragung einer Werkstatt oder eines Sachverständigen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet.
Dem Mandanten sollte nach Möglichkeit angeraten werden, auf einen Mietwagen zu verzichten und risikolos Nutzungsentschädigung zu beanspruchen. Gerade der Unfallersatztarif, der oft erheblich über dem Normaltarif liegt, ist Gegenstand einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten.
Bei Übernahme eines Unfallmandats muss der Mandant auch darüber beraten werden, ob und inwieweit er seine Vollkaskoversicherung/Teilkaskoversicherung in Anspruch nimmt.
Zu prüfen ist auch, ob eine Fahrerschutzversicherung oder eine Unfallversicherung eintrittspflichtig ist.
Es wird daher auch die Fahrerschutzversicherung behandelt, die immer mehr an Bedeutung gewinnt, da der versicherte Fahrer auch bei einem selbst verschuldeten Unfall die gleichen Schadenersatzansprüche gegen seinen eigenen Haftpflichtversicherer geltend machen kann wie die Fahrzeuginsassen.
Im Vordergrund dieses Buches steht die aktuelle Rechtsprechung, die im Anschluss an jedes Problemfeld in einer gesonderten Übersicht dargestellt wird. Die bis Januar 2023 veröffentlichte Rechtsprechung ist berücksichtigt. Schaubilder erleichtern die Berechnung der Schadenersatzansprüche bei Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung (Quotenvorrecht/Differenztheorie). Im Anhang dieses Buches findet der Benutzer Musterklagen und Musterschriftsätze sowie den Fragebogen für Anspruchsteller und das Merkblatt zur Bearbeitung von Auto-Haftpflichtschäden durch den Verein Deutsches Büro Grüne Karte e.V.
Viele Haftpflichtversicherer wenden sich nach Eingang einer Schadenanzeige unmittelbar an den Geschädigten und versprechen eine problemlose Schadenregulierung, um den Geschädigten davon abzuhalten, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
In gleicher Weise wollen nunmehr auch die Rechtsschutzversicherer die Versicherungsnehmer davon abhalten, sich unmittelbar an einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens zu wenden: Die ARB 2012 enthalten die Bestimmung, dass Versicherungsnehmer vor Beauftragung eines Rechtsanwalts den Versicherungsfall melden müssen. Es ist zu befürchten, dass nach dieser Schadenanzeige entweder davon abgeraten wird, einen Rechtsanwalt überhaupt zu beauftragen, oder nur einen Rechtsanwalt, den der Rechtsschutzversicherer empfiehlt. Die Anzeigeobliegenheit ist eine Obliegenheit, die problemlos dem Kausalitätsgegenbeweis zugänglich ist: Auch eine verspätete Schadenanzeige führt zur Leistungspflicht des Rechtsschutzversicherers, da allein der Zeitablauf sich nicht auf die Leistungspflicht und/oder den Leistungsumfang der Rechtsschutzversicherung auswirken kann.
In der 10. Auflage werden auch die Grundzüge der Unfallversicherung behandelt, da diese Sparte oft bei der Unfallregulierung übersehen wird. Die Unfallversicherung ist eine Summenversicherung, so dass die Leistungen des Unfallversicherers nicht auf die Entschädigungszahlungen anzurechnen sind. Bei Personenschäden dürfte es zu den anwaltlichen Beratungspflichten gehören, nach dem Bestehen einer Unfallversicherung zu fragen, da Mandanten oft nicht an diesen Versicherungszweig denken, zumal Unfallversicherungen oft über Kreditkarten, Vereinsmitgliedschaften und ähnliche Einrichtungen bestehen.
Dr. Hubert W. van Bühren
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht