Im Jahr 2021 wurden in Deutschland durch richterlichen Beschluss rund 142.800 Ehen geschieden. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, ist die Zahl der Scheidungen gegenüber 2020 um knapp 1.100 oder 0,7 % gesunken. Bereits im Vorjahr war sie um 3,5 % zurückgegangen. Seit 2012 ist die Zahl der Scheidungen jährlich gesunken, mit Ausnahme eines leichten Anstiegs im Jahr 2019. Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Zahl der Scheidungen sind somit in diesem Verlauf nicht erkennbar.

Etwas mehr als die Hälfte (51,5 %) der 2021 geschiedenen Ehepaare hatte minderjährige Kinder. Von diesen hatten wiederum 49,5 % ein Kind, 39,5 % zwei und 11,0 % drei oder mehr Kinder. Insgesamt waren im Jahr 2021 etwa 121.800 Minderjährige von der Scheidung ihrer Eltern betroffen.

Tatsache ist aber auch, dass die meisten Ehen immer noch durch den Tod des Ehepartners enden.

Folge der nach wie vor hohen Scheidungsrate ist unter anderem die Zunahme von so genannten "Patchworkfamilien". Knapp jeder zweite Geschiedene (48 %) heiratet erneut und wird sozusagen zum "Wiederholungstäter". Jedoch ist die Bereitschaft, nach einer Scheidung ein weiteres Mal zu heiraten, konstant rückläufig – so entschieden sich 1990 noch deutlich über 60 % der Geschiedenen für eine erneute Eheschließung.[1]

Der Begriff "Patchwork" stammt eigentlich aus der Textilbranche und hat erst viel später Eingang in die Familienforschung gefunden. Unter dem Begriff "Patchworkfamilie" versteht man letztendlich nichts anderes als das, was seit vielen Jahren unter dem Begriff der "Stieffamilie" Gegenstand der soziologischen, aber auch der rechtswissenschaftlichen Forschung ist.[2] Dabei treffen Kinder aus gescheiterten Ehen mit dem neuen Partner eines Elternteils und auch dessen Kindern zusammen. Häufig entstehen aus dieser neuen Beziehung dann weitere Kinder ("Meine Kinder, deine Kinder, unsere Kinder!"). Neben den Stiefkindern leben in nahezu jeder zweiten ehelichen Stieffamilie auch gemeinsame eheliche Kinder der Ehegatten.

Angesichts der genannten Zahlen verwundert es kaum, dass in der erbrechtlichen Praxis die Gestaltung von letztwilligen Verfügungen für Geschiedene und Patchworkfamilien nach wie vor große Bedeutung hat.

Dieses Buch dient dem erbrechtlichen Kautelarjuristen als Anleitung und Denkanstoß in der täglichen Praxis. Nachdem kaum eine Familienkonstellation mit einer anderen vergleichbar ist, bleibt es dem anwaltlichen und notariellen Berater nicht erspart, eigene Lösungswege für jeden Einzelfall zu kreieren. Standardlösungen gibt es im Bereich der "Testamente für Geschiedene und Patchworkehen" leider wenige.

Die Autoren geben ihrer Hoffnung Ausdruck, mit diesem Buch der erbrechtlichen Kollegenschar möglicherweise eine kleine Hilfe bei der findigen Gestaltung letztwilliger Verfügungen leisten zu können.

Weilheim/Oberbayern, im August 2023

Florian Enzensberger

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht

Maximilian Maar

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Steuerrecht

Kanzlei Wölke & Kollegen, Ledererstr. 12, 82362 Weilheim

[1] Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB), Pressemitteilung Nr. 8/2015 vom 22.7.2015.
[2] Peschel-Gutzeit, Stiefkinder und ihre Familien in Deutschland – Rechtlicher Status und tatsächliche Situation, FPR 2004, 46 ff.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge