Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
- Wärme- und Warmwasser-Versorgungsanlagen als zwingendes Gemeinschaftseigentum
- Nur einer Wohnung dienende Versorgungsleitungen gehören ab der Abzweigung von der Hauptleitung zum Sondereigentum
- Abtrennungsverbot von gemeinschaftlicher Heizung, wenn diese dann nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll betrieben werden könnte.
Normenkette
(§ 5 Abs. 2 WEG, § 22 Abs. 1 WEG)
Kommentar
1. In einer zerstrittenen Eigentümergemeinschaft mit 2 Eigentümern trennte der Antragsgegner seine Wohnung von der gemeinsamen Heizung und Warmwasserversorgung ab und richtete in seinem Sondereigentum eine eigene Heizanlage ein. Weiterhin nahm er Veränderungen an der Kaltwasser- und Stromversorgung vor. Der Wiederherstellungsverpflichtungsantrag des anderen Eigentümers hatte in I. und II. Instanz Erfolg. Die Senatsentscheidung führte unter Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses zur Zurückverweisung an das LG.
2. Nach § 5 Abs. 2 WEG und der insoweit im Wesentlichen übereinstimmenden Regelung in der vorliegenden Teilungserklärung sind Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, nicht Gegenstand des Sondereigentums, stehen vielmehr zwingend im Gemeinschaftseigentum. Zu Anlagen und Einrichtungen in diesem Sinne gehören insbesondere Anlagen, die der Versorgung aller Wohnungen mit Wasser, Elektrizität, Wärme und Warmwasser dienen. Dies gilt aber nicht für Anschlussleitungen in den einzelnen Wohnungen ab der Abzweigung von der Hauptleitung; diese stehen grundsätzlich im Sondereigentum des jeweiligen Wohnungseigentümers (vgl. Weitnauer, 8. Auflage § 5 Rn 20, 25; Bärmann/Pick/Merle, 8. Auflage § 5 Rn 33; Staudinger/Rapp § 5 Rn 33, 36; vgl. auch BGHZ 109 S. 179/184; BayObLG, WE 1989 S. 147).
Hinsichtlich der Versorgung mit Kaltwasser und Strom fehlt es bisher an tatsächlichen Feststellungen, welche Anlage insoweit in Betracht kommen könnte.
Ist bei der Abtrennungsmaßnahme von einer baulichen Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG auszugehen, muss es sich bei dem Gegenstand der Veränderungen um Gemeinschaftseigentum handeln. Hier fehlen noch Feststellungen, welche Veränderungen antragsgegnerseits im Einzelnen vorgenommen wurden. Läge der Eingriff im Sondereigentum, wäre für eine Anwendung des § 22 WEG kein Raum. Das LG hätte hier aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes mittels eines Augenscheins und ggf. unter Einschaltung von Sachverständigen die für eine rechtliche Beurteilung unverzichtbaren tatsächlichen Feststellungen treffen müssen, was nunmehr nachzuholen ist.
Geht es um eine Veränderung des Gemeinschaftseigentums, durfte sich der Antragsgegner den Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten nicht durch Abtrennung von Leitungen entziehen, wenn von einer Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG ohne bestehende Duldungs- bzw. Zustimmungspflichten auszugehen wäre. Hinsichtlich evtl. nicht hinzunehmender Beeinträchtigungen seien ebenfalls noch Feststellungen zu treffen. Ist eine für die gesamte Wohnanlage ausgelegte Heizung, welche dann nur noch eine Wohnung versorgt, nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll zu betreiben, könnte dies sogar unabhängig vom Vorliegen einer baulichen Veränderung einen Anspruch gegen den anderen Eigentümer begründen, die gemeinschaftliche Anlage weiterhin mitzubenutzen (evtl. Klärung durch Sachverständigen).
3. Vorliegend müssen auch noch Fragen einer behaupteten Einigung abgeklärt werden; eine solche Einigung könnte auch beweisbar zustande gekommen sein, ohne dass es darauf ankäme, ob ein Mehrheitsbeschluss mit entsprechendem Inhalt gefasst worden sei.
4. Geschäftswert für die Rechtsbeschwerdeinstanz DM 20.000,-.
Link zur Entscheidung
(BayObLG, Beschluss vom 31.10.2001, 2Z BR 68/01)
Anmerkung:
Das Entfernen von Heizkörpern wurde bereits mehrfach gerichtlich als verbotener Eingriff in das gemeinschaftliche Heizsystem angesehen z. B. durch das OLG Hamm, wenn hier technische oder wirtschaftliche Risiken hinsichtlich der Gesamtdimensionierung einer gemeinschaftlichen Zentralheizungsanlage nicht ausgeschlossen werden könnten. Gerade aus diesen meist heizungssachverständlich zu bestätigenden Gefahren (und auch evtl. erhöhten Risiken durch "Nachahmungstäter") vertrete ich seit langem sogar die Auffassung, dass im Sondereigentum befindliche Heizkörper als wesentliche Bestandteile oder mindestens als Zubehör zu einer gesamten Zentralheizungsanlage in einer Wohnanlage ebenfalls im Gemeinschaftseigentum stehen und nicht eigenmächtig entfernt werden können. Damit wende ich mich auch gegen die Äußerung des Senats (unter Hinweis auf die einschlägigen Kommentierungen), dass grundsätzlich Versorgungs-Anschlussleitungen in den einzelnen Wohnungen ab einer Abzweigung von einer Hauptleitung grundsätzlich im Sondereigentum des jeweiligen Wohnungseigentümers stehen; diese Feststellung kann allenfalls zutreffen (m.E. jedoch ebenfalls zu verneinen aus Gründen des zwingenden § 5 Abs. 2 WEG), wenn diese Zuordnung ausdrücklich in einer Teilungserklärung bestimmt sei...