Leitsatz
Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit bezeichnet die vertragliche Nebenpflicht des Vermieters, bei Maßnahmen und Entscheidungen, die Einfluss auf die Höhe der vom Mieter zu tragenden Betriebskosten haben (hier: Abschluss eines Wärmelieferungsvertrags), auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis Rücksicht zu nehmen. Eine Verletzung dieser Pflicht unter dem Gesichtspunkt der Eingehung eines unwirtschaftlichen Vertrags kommt nicht in Betracht, wenn das Mietverhältnis zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestand.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB § 556 Abs. 3
Kommentar
Der Eigentümer eines Wohnhauses schloss im Jahr 1999 mit einem Wärmecontractingunternehmen einen auf 15 Jahre befristeten Vertrag über die Wärmeversorgung des Mietobjekts. Eine der im Haus gelegenen Wohnungen wurde im Jahr 2000 – also nach Abschluss des Wärmelieferungsvertrags – vermietet. In dem Mietvertrag war u. a. vereinbart, dass der Mieter die Kosten der eigenständigen gewerblichen Lieferung von Wärme zu tragen hat. In der Folgezeit hat der Vermieter über die Heizkosten abgerechnet. Der Mieter hat nicht bezahlt. Er hat die Ansicht vertreten, dass das zwischen dem Wärmelieferanten und dem Vermieter vereinbarte Entgelt unangemessen hoch sei. Aus diesem Grund liege ein Verstoß gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz vor.
Der BGH ist anderer Ansicht: Nach § 556 Abs. 3 S. 1 BGB ist bei der Abrechnung der Betriebskosten der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz zu beachten. Hierzu hat der BGH (Urteil v. 13.6.2007, VIII ZR 78/06) entschieden, dass ein Vermieter gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz verstoßen kann, wenn er den Wärmelieferungsvertrag zu einem unüblich hohen Entgelt abschließt.
Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz sind allerdings streitig. Nach herrschender Meinung verletzt der Vermieter eine vertragliche Pflicht, wenn er den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz nicht beachtet. Dem Mieter steht in diesem Fall ein verschuldensabhängiger Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB zu (AG Dortmund, NZM 2004, 26; AG Frankfurt, WuM 2002, 376; Klas, ZMR 1995, 5; Langenberg in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 560 BGB Rdn. 114 und WuM 2001, 531; Weitemeyer in: Staudinger (2006), § 556 BGB Rdn. 93; Rips in: Betriebskosten-Kommentar, Rdn. 1464; Kinne in: Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, § 556 BGB Rdn. 53). Nach anderer Ansicht ist die Möglichkeit zur Umlage der Betriebskosten kraft Gesetzes auf solche Kosten beschränkt, die bei einer wirtschaftlichen Geschäftsführung entstehen. Nach dieser Ansicht hat der Verstoß zur Folge, dass die infolge der unwirtschaftlichen Bewirtschaftung entstandenen Mehrkosten nicht auf den Mieter umgelegt werden können. Ob dem Vermieter ein Verschulden an der unwirtschaftlichen Betriebsführung zur Last fällt, ist unerheblich (Schmid, ZMR 2007, 178 und in: MüKomm, § 556 BGB Rdn. 116; v. Seldeneck, Betriebskosten im Mietrecht, Rdn. 2644; Blank/Börstinghaus, § 556 BGB Rdn. 107).
Die unterschiedlichen Auffassungen sind u. a. auch dann von Bedeutung, wenn das Mietverhältnis nach dem Abschluss des Wärmelieferungsvertrags begründet wird. Die Verletzung einer Vertragspflicht setzt stets voraus, dass im Zeitpunkt der Verletzungshandlung bereits ein Mietverhältnis besteht. Schließt der Vermieter zuvor einen unwirtschaftlichen Wärmelieferungsvertrag ab, so kann der Mieter hieraus nichts für sich herleiten. Nach der Gegenmeinung können nur diejenigen Kosten umgelegt werden, die bei wirtschaftlichem Verhalten entstehen. Nach dieser Meinung spielt es keine Rolle, ob der Wärmelieferungsvertrag vor oder nach Begründung des Mietverhältnisses abgeschlossen wird.
Der BGH folgt der herrschenden Meinung, ohne sich mit der Gegenmeinung auseinanderzusetzen. Ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes scheidet aus, wenn der Wärmelieferungsvertrag vor Abschluss des Mietvertrags zustandegekommen ist. Unter Umständen ist eine Verpflichtung des Vermieters zum Wechsel des Wärmelieferanten in Erwägung zu ziehen. Dies setzt jedoch voraus, dass der Vermieter hierzu in der Lage ist. Bei einem befristeten Wärmelieferungsvertrag scheidet diese Möglichkeit aus, weil ein solcher Vertrag erst nach Ablauf der Befristung gekündigt werden kann.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 28.11.2007, VIII ZR 243/06