Leitsatz

  1. Der Mieter trägt die Darlegungs- und Beweislast für eine Verletzung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit bei der Abrechnung der Betriebskosten durch den Vermieter.
  2. Mit der Behauptung, ein Kostenansatz in der Betriebskostenabrechnung des Vermieters übersteige den insoweit überregional ermittelten durchschnittlichen Kostenansatz für Wohnungen vergleichbarer Größe, genügt der Mieter seiner Darlegungslast nicht.
  3. Den Vermieter trifft regelmäßig keine sekundäre Darlegungslast für die tatsächlichen Grundlagen seines Betriebskostenansatzes.

(amtliche Leitsätze des BGH)

 

Normenkette

BGB § 556 Abs. 3 Satz 1

 

Kommentar

In der Betriebskostenabrechnung ist der Anteil des Mieters an den Müllentsorgungsgebühren mit 525,71 EUR angegeben. Der Mieter beanstandet die Höhe dieser Kosten unter Hinweis auf den vom Deutschen Mieterbund herausgegebenen "Betriebskostenspiegel für Deutschland". Dort sind die durchschnittlichen Betriebskosten für vergleichbare Wohnungen im Bundesgebiet ausgewiesen. Der Ansatz dieser Kosten führt im Entscheidungsfall zu einem Betrag von lediglich 185,76 EUR. Der Mieter hat den Differenzbetrag von der Miete einbehalten. Er macht geltend, dass dem Vermieter ein Verstoß gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz zur Last falle.

Der BGH ist anderer Ansicht.

1 Darlegungs- und Beweislast des Mieters (Leitsatz a)

Bei der Abrechnung der Betriebskosten ist der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz zu beachten (§ 556 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz sind allerdings streitig.

  1. Nach herrschender Meinung verletzt der Vermieter eine vertragliche Pflicht, wenn er den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz nicht beachtet. Dem Mieter steht in diesem Fall ein verschuldensabhängiger Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB zu (BGH, Urteil v. 28.11.2007, VIII ZR 243/06, NJW 2008 S. 440; KG Berlin, Beschluss v. 7.2.2011, 8 U 147/10, WuM 2011 S. 367; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 19.10.2009, I-24 U 129/08, ZMR 2011 S. 861 betr. Hauswartarbeiten; AG Dortmund, Urteil v. 4.11.2003, 130 C 7311/03, NZM 2004 S. 26; AG Frankfurt, Urteil v. 5.6.2002, 33 C 4255/01, WuM 2002 S. 376; Klas, ZMR 1995, S. 5; Langenberg, in Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 560 BGB Rdn. 126 und WuM 2001, S. 531; Weitemeyer, in Staudinger (2011), § 556 BGB Rdn. 96; Wall, in Betriebskosten-Kommentar, Rdn. 1448; Kinne, in Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, § 556 BGB Rdn. 53).
  2. Nach der Gegenmeinung ist die Möglichkeit zur Umlage der Betriebskosten kraft Gesetzes auf solche Kosten beschränkt, die bei einer wirtschaftlichen Geschäftsführung entstehen. Danach hat der Verstoß zur Folge, dass die infolge der unwirtschaftlichen Bewirtschaftung entstandenen Mehrkosten nicht auf den Mieter umgelegt werden können. Ob den Vermieter ein Verschulden an der unwirtschaftlichen Betriebsführung zur Last fällt, ist unerheblich (LG Hamburg, Urteil v. 27.6.2000, 316 S 15/00, NZM 2001 S. 806; AG Hannover, Urteil v. 16.9.2010, 421 C 8766/10, WuM 2011 S. 30; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl. 2008, § 556 Rdn. 119; Schmid, ZMR 2007, S. 178; ders. ZMR 2011, S. 341, 346 und in MünchKomm, § 556 BGB Rdn. 116; v. Seldeneck, Betriebskosten im Mietrecht, Rdn. 2644; Börstinghaus/Lange, WuM 2010, S. 538, 543).

Der BGH hat seine Auffassung in dem Urteil vom 28.11.2007 weder näher begründet noch sich mit der Gegenansicht auseinandergesetzt. In seiner neuen Entscheidung führt er – ohne weitere Begründung – aus, dass er an der im Urteil vom 28.11.2007 vertretenen Auffassung festhalte. Hieraus folgt denknotwendig, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes dem Mieter obliegt.

2 Betriebskostenspiegel als Beweismittel (Leitsatz b)

In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur ist streitig, ob ein Betriebskostenspiegel ein taugliches Beweismittel für einen Verstoß gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz darstellt. Das wird teilweise verneint (Ludley, NZM 2011, S. 417 für den Betriebskostenspiegel des DMB). Nach anderer Ansicht kehrt sich die Beweislast um, wenn die Werte aus einem Betriebskostenspiegel erheblich überschritten werden (AG Köln, Urteil v. 21.4.2008, 203 C 74/08, WuM 2008 S. 556 m. Anm. Wall, WuM 2008, S. 702; AG Aachen, Urteil v. 10.3.2008 m. Anm. Flatow, WuM 2008, S. 701; AG Aachen, Urteil v. 14.8.2009, 116 C 23/09, WuM 2010 S. 425).

Der BGH führt aus, dass einem Betriebskostenspiegel jedenfalls dann kein Beweiswert zukommt, wenn dieser – wie der Betriebskostenspiegel des DMB – auf überregional ermittelten Durchschnittskosten beruht. Maßgeblich hierfür ist die Erwägung, dass sich gerade die kommunalen Gebühren von Gemeinde zu Gemeinde stark unterscheiden mit der weiteren Folge, dass aus einem überregional ermittelten Durchschnittswert kein Rückschluss auf ein unwirtschaftliches Handeln des Vermieters möglich ist.

3 Belegeinsicht statt sekundärer Darlegungslast des Vermieters (Leitsatz c)

In Rechtsprechung und Literatur wird vertreten, dass dem Vermieter eine sekundäre Dar...

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