Zusammenfassung
Ob Wandeldarlehensverträge notariell zu beglaubigen bzw. zu beurkunden sind, um wirksam zu sein, ist umstritten. An einer höchstrichterlichen Klärung dieser äußerst praxisrelevanten Frage fehlt es auch nach dem Beschluss des BGH v. 25.4.2023, II ZR 96/22.
Sachverhalt
Der klagende Insolvenzverwalter nahm den beklagten Geschäftsführer einer GmbH aufgrund unerlaubter Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife in Anspruch, § 64 S. 1 a.F. GmbHG (jetzt § 15b Abs. 4 Satz 1 InsO).
Die GmbH hatte 2 privatschriftliche Wandeldarlehensverträge geschlossen. Diese enthielten neben einem Wandlungsrecht auch eine Wandlungsverpflichtung der Darlehensgeber für den Fall einer Kapitalerhöhung der GmbH von mindestens 1 Mio. EUR. Später stritten sich die Parteien über die Formwirksamkeit der Wandeldarlehensverträge. Nachdem die Darlehensgeber die Rückzahlung der Darlehensbeträge forderten, kam es zu zahlreichen Überweisungen vom Geschäftskonto der GmbH durch den Geschäftsführer.
Nach Ansicht des Klägers war die GmbH zum Zeitpunkt der Überweisungen bereits überschuldet. Es sei eine jederzeitige Rückforderung der Darlehen möglich gewesen, denn die Wandeldarlehensverträge seien formunwirksam und daher nichtig.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendete sich der Kläger mit seiner Berufung. Das OLG hat der Berufung stattgegeben und die Revision nicht zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten vor dem BGH blieb ohne Erfolg.
Das OLG Zweibrücken kam zu dem Ergebnis, dass die GmbH überschuldet gewesen sei. Anders als die Vorinstanz hielt es die Wandeldarlehen gem. § 125 BGB für formnichtig. Das Gericht nahm Formnichtigkeit an, weil ein Wandeldarlehen mit Wandlungsverpflichtung zulasten eines gesellschaftsfremden Darlehensgebers nach § 55 Abs. 1 GmbHG notariell beglaubigt werden müsse. Dem Senat zufolge spreche zudem viel dafür, dass die Wandeldarlehensverträge wegen fehlender Beurkundung des Ermächtigungsbeschlusses zum Abschluss der Verträge nichtig seien (§ 53 Abs. 3 GmbHG). Dies folge daraus, dass der Darlehensgeber die Gesellschaft durch Ausübung seines Wandlungsrechts zur verbindlichen Kapitalerhöhung verpflichten könne.
Der BGH wies die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten zurück, da die Frage der Formwirksamkeit der Darlehensverträge für das Urteil des OLG nicht entscheidend gewesen sei. Vielmehr habe das OLG bereits unabhängig von der Formunwirksamkeit der Wandeldarlehensverträge die Überschuldung der GmbH festgestellt.
Praxishinweis
Das Urteil des OLG Zweibrücken hat weitere Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Formbedürftigkeit von Wandeldarlehen gebracht. Diese hat auch der Beschluss des BGH nicht ausgeräumt. Sicherheitshalber sind Wandeldarlehensverträge mit Wandlungsverpflichtungen daher notariell zu beglaubigen. Entsprechende Ermächtigungsbeschlüsse sollten sogar notariell beurkundet werden. Die Argumente des OLG Zweibrücken verdienen keinen Beifall:
Im Hinblick auf den Zweck des § 55 Abs. 1 GmbHG ist die Ansicht des OLG Zweibrücken, ein Wandeldarlehensvertrag erfordere eine notarielle Beglaubigung, nicht überzeugend. Nach § 55 Abs. 1 GmbHG ist die Unterschrift auf einer Übernahmeerklärung von Geschäftsanteilen bei einer Kapitalerhöhung notariell zu beglaubigen. Zweck der Vorschrift ist neben der Information auch die Absicherung der korrekten Durchführung der Kapitalerhöhung und damit sowohl der Gesellschafter- als auch der Gläubigerschutz. Eine Warnfunktion wird gerade nicht bezweckt. Die Wandlungsverpflichtung ist lediglich als ein Vorvertrag zu qualifizieren. Der Informationszweck des § 55 Abs. 1 GmbHG kann erst erreicht werden, wenn es tatsächlich zu einer Übernahmeerklärung kommt.
Auch der Ermächtigungsbeschluss der Gesellschafter, mit dem die Geschäftsführung zum Abschluss eines Wandeldarlehens ermächtigt wird, ist richtigerweise nicht nach § 53 Abs. 3 GmbHG zu beurkunden. Denn § 53 Abs. 3 GmbHG erfüllt vor allem eine Beweisfunktion. Dieser Zweck muss erst durch den eigentlichen Kapitalerhöhungsbeschluss erfüllt werden, nicht jedoch bereits durch den Ermächtigungsbeschluss zum Abschluss eines Wandeldarlehensvertrags.
Notariell zu beurkunden ist ein Wandeldarlehensvertrag jedenfalls dann, wenn die Verpflichtung besteht, einer Gesellschaftervereinbarung beizutreten, die ihrerseits Mitveräußerungspflichten an Geschäftsanteilen enthält.
Die höchstrichterliche Klärung der Formbedürftigkeit eines Wandeldarlehens ist insbesondere für Gründer von Startups wünschenswert. Durch eine notarielle Beurkundung entstehen zusätzliche Kosten und Aufwand. Zudem droht bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes die Haftung des Geschäftsführers, wenn aufgrund der Nichtigkeit eines Wandeldarlehens die jederzeitige Rückzahlungspflicht besteht.
OLG Zweibrücken, Urteil v. 17.5.2022, 8 U 30/19; BGH, Beschluss v. 25.4.2023, II ZR 96/2