Leitsatz
- Es kann ausschließlich mit rechtskräftig festgestellten Ansprüchen oder solchen aus einer Notgeschäftsführung gegen Wohngeldansprüche aufgerechnet werden.
- Unabhängig hiervon kann mit Ansprüchen aus Notgeschäftsführung auch gegen Wohngeldforderungen aufgerechnet werden, die ein Wohnungseigentum betreffen, das der Anspruchsberechtigte erst nach Entstehen des Anspruchs aus der Notgeschäftsführung erworben hat.
- Gegen den Gemeinschuldner können auch solche Wohngeldansprüche geltend gemacht werden, die ein nach der Konkurseröffnung von diesem erworbenes und somit konkursmassefreies Wohnungseigentum betreffen.
- Werden gegen den Gemeinschuldner als Wohnungseigentümer Wohngeldansprüche geltend gemacht, so kann dieser nicht mit Ansprüchen aus einer Notgeschäftsführung aufrechnen, die vor Konkurseröffnung entstanden sind.
Sachverhalt
Die Eigentümergemeinschaft macht gegen einen der Wohnungseigentümer rückständige Wohngeldansprüche für den Zeitraum Juni 1995 bis Juli 1996 geltend. über das Vermögen des Eigentümers wurde im August 1993 das Konkursverfahren eröffnet, das noch nicht beendet ist. Als Eigentümer derjenigen Eigentumswohnung, für die das rückständige Wohngeld beansprucht wird, wurde er Ende Mai 1995 eingetragen, er ist darüber hinaus aber bereits seit Entstehen der Eigentumsanlage Eigentümer mehrerer anderer Wohnungen in derselben Eigentumsanlage. Der Wohnungseigentümer bestreitet im Verfahren die Verpflichtung zur Zahlung der Wohngeldrückstände auch gar nicht, rechnet jedoch mit Gegenansprüchen insbesondere für die Instandsetzung der Heizungsanlage im Juli 1993 in Form einer Notgeschäftsführung auf.
Entscheidung
Ganz grundsätzlich: Gegen Wohngeldansprüche kann nur mit rechtskräftig festgestellten Ansprüchen oder Ansprüchen aus Notgeschäftsführung aufgerechnet werden. Diese Notgeschäftsführung ist in § 21 Abs. 2 WEG geregelt. Hiernach ist jeder Wohnungseigentümer berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig sind. In dem vorliegenden Fall kommen wegen der Instandsetzung der Heizungsanlage nur Ansprüche aus Notgeschäftsführung in Frage. Voraussetzung ist aber, daß derjenige, der Maßnahmen im Rahmen einer Notgeschäftsführung ergriffen hat auch tatsächlich zu diesem Zeitpunkt Eigentümer einer Wohnung war. Ist das nicht der Fall, so kommen allenfalls Ansprüche aus dem zivilrechtlichen Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht. Voraussetzung für eine Aufrechnung ist in diesem Fall aber, daß die entsprechenden Ansprüche rechtskräftig festgestellt sind, was vorliegend nicht der Fall ist.
Zu prüfen war also zunächst, ob wegen der Ansprüche aus Notgeschäftsführung auf den Zeitpunkt des Eigentumserwerbs der Wohnung abzustellen ist, für den der Wohngeldanspruch geltend gemacht wird oder ob sich der Umstand auswirkt, daß der Wohnungseigentümer bereits Eigentümer anderer Wohnungen in der Eigentumsanlage war. Würde man hier auf den Erwerbszeitpunkt im Jahre 1995 abstellen, so wäre die Aufrechnung ausgeschlossen, da die entsprechenden Ansprüche aus Notgeschäftsführung voraussetzen, daß derjenige, der diese durchführt, auch Eigentümer einer Wohnung ist. Eben dies ist jedoch der Ansatzpunkt dafür, eine Aufrechnung zunächst zuzulassen. Denn der Wohnungseigentümer war ja bereits Eigentümer anderer Wohnungen der Eigentumsanlage, insoweit hat er demnach auch entsprechende Ansprüche aus der Notgeschäftsführung. Steht dem Wohnungseigentümer also ein Anspruch aus Notgeschäftsführung zu, so kann er mit diesem Anspruch auch gegen Wohngeldforderungen aufrechnen, die eine erst später von ihm erworbene Wohnung in derselben Wohnanlage betreffen.
Nun mußte aber geprüft werden, wie sich die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Eigentümers einen Monat nach Durchführung der Maßnahmen zur Notgeschäftsführung auswirkt. Gerade dieser Umstand aber führt nun dazu, daß der Wohnungseigentümer mit dem Anspruch aus Notgeschäftsführung doch nicht aufrechnen kann. Denn die Forderung ist in die Konkursmasse gefallen, insoweit hatte der Wohnungseigentümer die sog. Verfügungsbefugnis über diese Forderung verloren. Der mit der Konkurseröffnung verbundene Verlust der Verfügungsbefugnis des nunmehr zum Gemeinschuldner gewordenen Wohnungseigentümer über das zur Konkursmasse gehörende Vermögen schließt grundsätzlich eine Aufrechnung seitens des Gemeinschuldners aus.
Link zur Entscheidung
BayObLG, Beschluss vom 22.05.1998, 2Z BR 79/98
Fazit:
Die Eröffnung des Konkursverfahrens wirft natürlich bereits die Frage nach der Verfahrensbefugnis des Wohnungseigentümers hinsichtlich der gegen ihn geltend gemachten Wohngeldansprüche auf. Hier ist nun aber zu berücksichtigen, daß der Erwerb der in Rede stehenden Wohnung im Jahre 1995 erfolgte, also deutlich nach Eröffnung des Konkursverfahrens. Bei der Wohnung, für die also Wohngeldansprüche geltend gemacht wurden, handelte es sich um einen Neuerwerb nach Kon...