Leitsatz
Der VN führt den Versicherungsfall in der Wohngebäudeversicherung grob fahrlässig herbei, wenn ein Leitungswasserschaden dadurch verursacht wird, dass ein 15 Jahre alter, ständig unter Druck belassener Zulaufschlauch zu einer Geschirrspülmaschine während einer einwöchigen Abwesenheit des VN platzt und der VN die sporadische Nutzung des Gerätes durch eine dritte Person während seiner Abwesenheit zugelassen, aber keine Vorsorge dafür getroffen hat, dass diese Person die Wasserzufuhr in Fällen mehrstündiger Abwesenheit unterbrach.
Normenkette
§ 18 Nr. 1 VGB, § 61 VVG
Entscheidung
Wird ein Wasserschaden dadurch verursacht, dass ein Zulaufschlauch zu einer Wasch- oder Geschirrspülmaschine bei Abwesenheit des VN unter Druck gehalten wird, so dass das Wasser bei einem Schlauchdefekt ungehindert austreten kann, wird nach der Entscheidung des OLG das Maß des objektiven und subjektiven Sorgfaltsverstoßes nach verschiedenen Kriterien bestimmt. Es könne, so das OLG, dabei auf die Dauer und Häufigkeit der Verstöße, auf das Alter und den Zustand des Schlauchs, auf die Dauer der Abwesenheitszeit, auf die technischen Gegebenheiten sowie auf die Kenntnisse des VN ankommen. Schon das Verlassen der Wohnung für zwei Stunden ohne Absperren der Wasserzufuhr sei in der Rspr. als grob fahrlässig bewertet worden (OLG Karlsruhe r + s 87, 231 = VersR 88, 1285), ebenso eine derartige Unterlassung bei längerer Urlaubsabwesenheit (OLG Düsseldorf NJW-RR 89, 798).
Das Verhalten des Kl. sei hier nach den gesamten Umständen als besonders grober Sorgfaltsverstoß anzusehen. Entscheidungsgrundlage sei der unstreitige Sachverhalt. Die Geschirrspülmaschine mit Zulaufschlauch sei bereits 15 Jahre alt gewesen. Auch ohne äußerlich feststellbare Undichtigkeiten und Alterungserscheinungen sei bei einem solchen Alter jederzeit mit einem Schaden zu rechnen, wie er hier vorgekommen sei. Das gelte um so mehr, als der Schlauch während des Nutzungszeitraumes regelmäßig unter Druck belassen worden war. Deshalb habe es sich einfach aufdrängen müssen, bei Zeiten längerer Abwesenheit für eine Sicherung zu sorgen. Das habe auch mit geringem einmaligem Aufwand durch Einbau eines so genannten Wasserstoppers geschehen können, wenn die Mühe der Betätigung des Absperrventils zu groß erschien. Bei den hier vorliegenden technischen Gegebenheiten müsse das um so mehr gelten, als durch einen Schlauchdefekt ein besonders großer Schaden innerhalb kurzer Zeit hochwahrscheinlich war. Diese Umstände seien so allgemein bekannt, dass sie auch dem VN nicht verborgen geblieben sein könnten.
Den Kl. könne auch nicht sein Vortrag entlasten, die Küchentätigkeiten seien im wesentlichen von seiner Ehefrau ausgeführt worden, und während der einwöchigen Abwesenheit sei die Küche von seinem Sohn, der im selben Haus eine eigene Wohnung hatte, mitbenutzt worden. Den Kl. treffe insoweit der Vorwurf eines besonders hohen Verschuldens. Die Übertragung der Obhut über gefahrträchtige Sachen auf Dritte stelle den VN nicht von seiner Sorgfaltspflicht frei. Er müsse im Rahmen einer Auswahl- und Überwachungspflicht dafür sorgen, dass dritte Personen die nach den Umständen gebotenen Sicherungsmaßnahmen beachten.
Link zur Entscheidung
OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 18.10.1995, 2 U 135/95