Leitsatz (amtlich)
Grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls in der Leistungwasserversicherung, wenn der VN bei einwöchiger Abwesenheit 15 Jahre alten Zulaufschlauch unter Druck läßt. Organisationsverschulden.
Normenkette
VGB § 61 Abs. 1, § 62 4
Gründe
Zwar ist der Versicherungsfall gemäß §§ 1 Abs. 1 b), 4 VGB eingetreten, als an diesem Tag bei Abwesenheit des Klägers und seiner Ehefrau der Zulaufschlauch zur Geschirrspülmaschine platzte und große Mengen Wasser austraten, die erhebliche Schäden in der Küche, im Wohn- und Eßzimmer, im Hauswirtschaftraum, im Kaminzimmer und im Keller verursachten.
Die Beklagte ist indes gemäß § 61 VVG von der Leistung frei, weil der Kläger den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in hohem Maße außer acht läßt. Dies ist dann der Fall wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und dasjenige nicht beachtet wird, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten müßte (RGZ 141, 131; BGHZ 10, 16). Es muß sich um ein auch subjektiv unentschuldbares Fehlverhalten handeln, welches das gewöhnliche Maß erheblich übersteigt (BGH VersR 1976, 649, 650; 1977, 465). Die Annahme grober Fahrlässigkeit erfordert dabei, daß der Versicherungsnehmer wußte oder wissen mußte, daß sein Verhalten geeignet war, den Versicherungsfall zu fördern (BGH NJW 1980, 888; Prölss-Martin, VVG, 25. Aufl., § 61 Anm. 4 B).
Wird ein Wasserschaden dadurch verursacht, daß ein Zuführungsschlauch zu einer Wasch- oder Geschirrspülmaschine bei Abwesenheit des Versicherungsnehmers unter Druck gehalten wird, so daß das Wasser bei einem Schlauchdefekt ungehindert austreten kann, wird das Maß des objektiven und subjektiven Sorgfaltsverstoßes nach verschiedenen Kriterien bestimmt (Martin, Sachversicherungsrecht, 3. Auflage, O I Rn 143 bis 145). Es kann dabei auf die Dauer und Häufigkeit der Verstöße, auf das Alter und den Zustand des Schlauchs, auf die Dauer der Abwesenheitszeit, auf die technischen Gegebenheiten sowie auf die Kenntnisse des Versicherungsnehmers ankommen. Schon das Verlassen der Wohnung für zwei Stunden ohne Absperren der Wasserzufuhr ist in der Rechtsprechung als grob fahrlässig bewertet worden (OLG Karlsruhe VersR 1988, 1285), ebenso bei längerer Urlaubsabwesenheit (OLG Düsseldorf NJW-RR 1989, 798). Das Verhalten des Klägers ist hier nach den gesamten Umständen als besonders grober Sorgfaltsverstoß anzusehen. Entscheidungsgrundlage ist der unstreitige Sachverhalt. Die Geschirrspülmaschinenanlage war bereits 15 Jahre alt. Auch ohne äußerlich feststellbare Undichtigkeiten und Alterungserscheinungen ist bei einem solchen Alter jederzeit mit einem derartigen Schaden zu rechnen. Dieses gilt umso mehr, als der Schlauch regelmäßig unter Druck belassen wurde. Der Kläger hat zwar bestritten, daß die Wasserzufuhr überhaupt nie, auch nicht bei längeren Abwesenheit.
Den Kläger kann auch nicht sein Vortrag entlasten, daß die Küchentätigkeiten im wesentlichen von seiner Ehefrau ausgeführt worden seinen und daß während der einwöchigen Abwesenheit die Küche von seinem Sohn, der im selben Haus eine eigene Wohnung hat, mitbenutzt worden sei. Zwar sind beide Familienangehörige nicht als Repräsentanten anzusehen, weil die jedenfalls nicht ausschließliche dauernde (Ehefrau) bzw. nur vorübergehende (Sohn) Übertragung der Obhut einer Sache zur Begründung eines solchen Zurechnungsverhältnisses nicht ausreicht (Martin, aaO, O II Rn.115 ff (Familienangehörige); 24 und 75 (Abwesenheitsvertreter); BGHZ 107, 229 (für den Mieter in der Feuerversicherung)). Den Kläger trifft indes der Vorwurf eines eigenen besonders hohen Verschulden. Die Übertragung der Obhut über gefahrenträchtige Sachen auf Dritte stellt den Versicherungsnehmer nicht von seinen Sorgfaltspflichten frei. Er muß im Rahmen einer Auswahl- und Überwachungsverpflichtung dafür sorgen, daß die Personen die nach dem Umständen gebotenen Sicherungsmaßnahmen beachten (Martin, aaO, OII Rn. 21, 22). Daraus folgt, daß der Versicherungsnehmer auf die Obhutsperson dahin einzuwirken hat, daß die notwendigen Sicherungsvorkehrungen geschaffen werden. Das gilt umso mehr, als die Gefahrenlage auf der Hand liegt. Nach dem Vortrag des Klägers hat sein Sohn die Küche am Schadentag, dem letzten Tag der einwöchigen Abwesenheit, morgens um 7.00 Uhr benutzt, der Schaden sei gegen Mittag eingetreten und am Nachmittag seien seine Ehefrau und er zurückgekehrt. Angesichts der hohen Gefahr eines jederzeit möglichen Schadens aufgrund des Alters und der ständigen Belastung des Wasserschlauchs, die ja auch während der gesamten Abwesenheitszeit des Klägers gegeben war, hätte der Kläger bei seiner Abreise durch Weisungen, daß die Wasserzufuhr bei mehrstündiger Abwesenheit abzusperren sei, Vorkehrungen zur Schadensverhütung treffen müssen. Ihm hätte schon bei der Abreise bewußt gewesen sein müssen, daß eine sporadische Mitbenutzung der Küche durch seinen Sohn keine effektive Vorsorge ...